Kommunale Sozialplanung des Kreises Paderborn – Steuerung durch ämterübergreifende Vereinheitlichung zum Vertrags- und Berichtswesen

07. April 2022: von Margot Becker, Sozialplanerin des Kreises Paderborn

Der Kreis Paderborn mit den 10 kreisangehörigen Städten und Gemeinden trägt die Verantwortung für ein angemessenes und wirkungsvolles Angebot sozialer Dienstleistungen im Sinne sozialer Gerechtigkeit vor Ort. Eine Aufgabe der kommunalen Verwaltung ist es, die Bedarfslagen zu ermitteln und die soziale Infrastruktur zu planen. Die kommunale Sozialplanung hat zum Ziel, Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen, die Lebensverhältnisse vor Ort zu verbessern und damit Teilhabechancen zu erhöhen. Sie leistet Steuerungsunterstützung für Politik und Verwaltung bei der bedarfsgerechten sozialräumlichen Weiterentwicklung der sozialen Infrastruktur und trägt zu einer zielgerichteten Ressourcenbündelung bei.

Ausgangslage
Der Kreis Paderborn verfügt über ein differenziertes und gut ausgebautes System an sozialen Dienstleistungen, die sich an den Bedarfslagen der Bevölkerung orientieren und von öffentlichen, kommerziellen und gemeinnützigen Trägern angeboten werden. Gesetzliche Grundlagen über die Zusammenarbeit mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege finden sich im SGB XII, im SGB II, SGB VIII, APG NRW u.a.

Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und die anderen freigemeinnützigen und privatgewerblichen Träger erfüllen eine wichtige Funktion innerhalb der sozialen Daseinsvorsorge. Die Wahrnehmung sozialer Aufgaben durch die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege hat sich im Kreis Paderborn über Jahrzehnte bewährt.  Die Verbände ermöglichen eine Vielfalt an sozialen Dienstleistungen, sind ein nicht wegzudenkender Wirtschaftsfaktor und schaffen Arbeitsplätze. Daneben fördern sie das freiwillige Engagement. 

Der Kreis Paderborn wird, wie andere Kommunen auch, durch den demografischen Wandel zunehmend geprägt, der die Sozialstrukturen auf lokaler Ebene verändert. Dadurch bedingt verändern sich die Bedarfslagen der Bevölkerung und damit auch die Inanspruchnahme kommunaler Infrastruktur. Die Planungs- und Koordinationsunterstützung, sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch bei den Leitungserbringern, steigt. Die kommunale Steuerung sozialer Leistungen steht vor der Anforderung, die Finanzen im Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben und den beabsichtigten Wirkungen sozialer Leistungen zu verbinden. Die Herausforderungen angesichts des demografischen und sozialen Wandels und die knapper werdenden Finanzmittel in den öffentlichen Haushalten bringen vielfältige Aufgaben mit sich, die neue strategische Ansätze und damit neue Kooperationen und Steuerungsnotwendigkeiten erforderlich machen.

Steuerungsunterstützung durch Sozialplanung
Kommunale Sozialplanung hat eine steuerungsunterstützende Funktion in der kommunalen Gesamtsteuerung für den sozialen Bereich. Ihre Aufgabe ist die Planung und Entwicklung der sozialen Angebotsstruktur. Sie unterstützt die Steuerung auf der normativen, strategischen und operativen Ebene, in dem sie bestimmten Fragestellungen und den sich daraus ergebenden Planungsaufgaben nachgeht.

Fragestellungen/Aufgaben der Sozialplanung im Rahmen der Steuerungsunterstützung.

Fragestellungen/Aufgaben der Sozialplanung im Rahmen der Steuerungsunterstützung.
Quelle: Kreis Paderborn, Sozialplanung

Sozialplanung im Kreis Paderborn
Wie bereits oben erwähnt, erhöhen die Herausforderungen des demografischen und sozialen Wandels den Bedarf an Planung und Koordination in den Kommunen und bei den Trägern und Anbietern sozialer Dienstleistungen. Dies erfordert von den Akteuren der (kommunalen) Sozialpolitik ein ämter- und fachübergreifendes Handeln, das sich in der planerischen Zusammenarbeit konkretisiert.

Als Instrument kommunaler Steuerung legen Sozialplanung und das Controlling die Grundlagen für kommunalpolitische Entscheidungen. Die Sozialplanung trägt dazu bei, fachliche Ziele für verschiedene soziale Felder zu erarbeiten und dabei die vor Ort gegebenen Bedingungen zu berücksichtigen. 

Seit Oktober 2014 wird im Sozialamt des Kreises Sozialplanung umgesetzt, die sich schwerpunktmäßig mit der Alten- und Pflegeplanung sowie darüber hinaus mit den durch das Sozialamt finanzierten sozialen Maßnahmen/Angebote bei den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und privaten Trägern befasst.

Der Kreis Paderborn nimmt seine in § 5 SGB XII normierte Zusammenarbeit mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege in vielfältiger Weise wahr. Es handelt sich dabei um Leistungsangebote sowohl auf gesetzlich verpflichteter aber auch auf freiwilliger Basis.

Zu den Aufgaben der Sozialplanerin im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und privaten Trägern gehören u.a.:

  • Bestandaufnahmen, zukunftsweisende Bedarfsermittlungen, sozial-fachliche Analysen und Stellungnahmen zu Versorgungsstrukturen und Hilfsangeboten im Kreisgebiet.
  • Evaluation von Maßnahmen und Leistungen, Konzeptprüfung und Weiterentwicklung.
  • Inhaltlich fachliche Vorbereitung und Durchführung von Qualitätsdialogen mit den Leistungsanbietern in enger Zusammenarbeit mit dem im Amt installierten Finanz- und Fachcontrolling und anschließende Dokumentation.
  • Mitwirkung bei der Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und privaten Trägern.
  • Koordination, Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit unter Einbeziehung aller Akteure im Bereich der sozialen Infrastruktur. Begleitung kreiseigener Ausschüsse, Mitarbeit in Gremien und Arbeitskreisen.

Prozess der ämterübergreifenden Vereinheitlichung zum Vertrags- und Berichtswesen
Im Sozialamt des Kreises werden seit 2016 die Herausforderungen angenommen und neue Steuerungsprozesse und einheitliche Instrumente in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege erarbeitet.

Darüber hinaus wird in weiteren Schritten die Einbeziehung der ähnlich agierenden Ämter und eine möglichst standardisierte ämterübergreifende Vorgehensweise als wünschenswert angesehen.

Vereinheitlichung von Prozessen und Instrumenten - Umsetzung amtsintern / sachgebietsübergreifend
In einer Arbeitsgruppe des Sozialamtes wurden zuerst die Notwendigkeit einer verbesserten internen und externen Transparenz sowie eine weitgehende Vereinheitlichung der Prozesse, des Vertragswesens, der Antragstellung auf Förderung und der Nachhaltung als zu verfolgende Ziele festgelegt. Auch wurde überlegt, dass Leistungsverträge für alle finanzierten sozialen Dienstleistungen, Maßnahmen zukünftig geschlossen werden sollten.

Impulsgebend für den Prozess waren ein Auftrag aus der Politik, das Interesse der Verwaltungsleitung und die Beschäftigung der Sozialplanerin mit der Thematik im Rahmen der Qualifizierung zur Sozialplanung.

Kurz-, bis mittelfristig sollten folgende Ziele im Sozialamt erreicht werden:

  • ein bedarfsgerechter und wirkungsorientierter Mitteleinsatz
  • eine vollständige Transparenz über bestehende Angebote und Bedarfe
  • eine Professionalisierung durch Standardisierung von Prozessen und Instrumenten, z.B. durch:
    • Vereinheitlichung des Antragswesens mit konkreten Angaben zu Zielgruppen, Zielen, Bedarfen, Kalkulation, beabsichtigten Wirkung
    • Vereinheitlichung von Leistungsverträgen
    • Vereinheitlichung des Berichtswesens durch abgestimmte Dokumentation
    • Intensivierung der Gesprächskultur durch regelmäßige Evaluation und Qualitätsdialoge

Ausgehend von den Zielvorstellungen über die zukünftige Zusammenarbeit mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und den privaten Trägern konnten im Rahmen der amtsinternen Arbeitsgruppe Aufgaben und Zuständigkeiten geklärt sowie Handlungsabläufe und Instrumente für die Umsetzung erarbeitet, sachgebietsweise vereinheitlicht und im ersten Schritt amtsintern zunehmend implementiert werden. Dazu gehören:

  • Aufstellung der Verbände- und Maßnahmenförderung
  • Aufgaben und Ablauforganisation innerhalb des kommunalen Steuerungskreislaufs (wer ist wofür zuständig?)
  • Mindeststandards zum Antrag und Konzept
  • Aspekte der Bedarfsermittlung und Bedarfsprüfung 
  • Informationen zur Zielvereinbarung / Wirkungsorientierung
  • Musterbeispiel zur Dokumentation/Statistik
  • Muster zur Leistungs- Vergütungsvereinbarung
  • Informationen zur Qualitätssicherung und Evaluation

Vereinheitlichung von Prozessen und Instrumenten - ämterübergreifende Umsetzung
Im nächsten Schritt wird eine Vereinheitlichung/Standardisierung der Prozesse und Instrumente mit denen in den Schnittstellen betroffenen Ämtern, vor allen mit dem Jugendamt und dem Gesundheitsamt angestrebt. Dadurch sollte ein einheitliches Vorgehen beim Vertrags- und Berichtswesen und eine bessere Transparenz erreicht werden.

Mit Einverständnis der beteiligten Dezernentin und Dezernenten sowie mit Unterstützung der jeweiligen Amtsleitungen haben sich die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Verwaltung und Controlling zu einer ämterübergreifenden Projektgruppe zusammengeschlossen. Seit nunmehr fünf Jahren werden regelmäßig vorhandene bzw. bewährte Handlungsabläufe sowie Instrumente miteinander diskutiert, abgestimmt und da wo es möglich ist, Verabredungen zu einer gemeinsamen Vorgehensweise getroffen. Außerdem werden Erfahrungen in der Umsetzung der Instrumente ausgetauscht und eine Unterstützung bei konkreten Fragen z.B. zur Bedarfseinschätzung, Dokumentation u.v.m. angeboten. Die Organisation, Moderation und Konzeptfortschreibung der Projektgruppe übernimmt die Sozialplanerin des Sozialamtes.

Konzept zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und privaten Trägern im Kreis Paderborn
Die Ergebnisse der ämterübergreifenden Vereinheitlichung zum Vertrags- und Berichtswesen wurden in einem Konzept zusammengestellt und werden um neue Erkenntnisse fortlaufend aktualisiert. Das Konzept wird inzwischen dezernatsübergreifend als eine gute Arbeitsgrundlage für ein abgestimmtes Vorgehen gegenüber den Verbänden und privaten Trägern bewertet. Denn ein solches Vorgehen schafft Transparenz, Orientierung und Planungssicherheit. Der Kreis Paderborn übernimmt dabei eine steuernde Rolle und kann an der Ausgestaltung sozialer Dienstleistungen aktiv mitwirken. Aktuell wird der Konzeptentwurf innerhalb der Verwaltung (beteiligte Dezernate und Amtsleitungen) abgestimmt. 

Zusammenarbeit mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und privaten Trägern im Kreis Paderborn – Vereinheitlichungsprozess des Vertrags- und Berichtswesens.

Zusammenarbeit mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und privaten Trägern im Kreis Paderborn – Vereinheitlichungsprozess des Vertrags- und Berichtswesens.
Quelle: Kreis Paderborn, Sozialplanung

Margot Becker Von Margot Becker, Sozialplanerin Kreis Paderborn