Nachhaltiges Wassermanagement im Kreis Euskirchen – Anpassung an die Fol-gen des Klimawandels

13. Oktober 2022: Von Saskia Gall-Röhrig, Kreisentwicklung und Planung, Klimaanpassungsmanagement, Kreis Euskirchen

Die Folgen des Klimawandels erfordern einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser, um eine Versorgung aller Nutzer zu gewährleisten und Nutzungskonkurrenzen unter diesen zu reduzieren. Eine Möglichkeit zur Anpassung an den Klimawandel und seinen Folgen stellt dabei die Wasserwiederverwendung dar, welche es ermöglicht, die Bedarfe von Nutzern, welche keine Trinkwasserqualität benötigen, zu decken und somit den Verbrauch von Trinkwasser zu reduzieren. In diesem Artikel wird auf ein Projekt zur Wasserwiederverwendung von gereinigten Abwässern einer Molkerei zur landwirtschaftlichen Bewässerung eingegangen und die dabei zu beachtenden Herausforderungen diskutiert. Vor dem Hintergrund anhaltender Dürrephasen ist es wichtig jetzt den Grundstein für alternative Wasserversorgung zu legen, um die Ressource Wasser zu schonen und somit auch für nachfolgende Generationen zu erhalten und einen weiteren Schritt in Richtung einer nachhaltigen Landwirtschaft zu gehen.

Ausgangslage
Der Kreis Euskirchen ist, wie große Teile der Bundesrepublik Deutschland, in den letzten Jahren häufiger von durch den Klimawandel induzierten Extremwetterereignissen betroffen. Die Jahre 2018, 2019, 2020 und 2022 waren extrem trocken und sonnig, wohingegen im Jahr 2021 ein massives Starkregenereignis verzeichnet wurde. Der nördliche Teil des Kreises Euskirchen ist stark ackerbaulich geprägt und verfügt als Teil der Zülpich-Jülicher Börde über die fruchtbarsten Böden in Europa. Die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte ist, neben der Eignung der Böden für den Anbau, auch von der Verfügbarkeit des Wassers abhängig. Bedingt durch die geografische Lage des nördlichen Teils des Kreises Euskirchen, welcher sich im Windschatten der Eifel befindet, ist die klimatische Wasserbilanz dieser Region negativ, sodass gerade während der Vegetationsperiode, zwischen April – September, der Niederschlag zur Sicherung der landwirtschaftlichen Erträge nicht immer ausreichend ist. Dies führt dazu, dass häufig eine Bewässerung der landwirtschaftlichen Kulturen notwendig ist.

 

Trockenstress bei Zuckerrüben in der Zülpicher Börde.                         Bewässerung in der Landwirtschaft.
Quelle für beide Bilder: Christian Berning

Die Bewässerung erfolgt dabei heute meistens durch wasserrechtlich genehmigte Entnahmen von Wasser aus Oberflächengewässern oder dem Grundwasser. Die Entnahme aus Oberflächengewässern ist durch die Gewässerstruktur des Kreises Euskirchen, welche aus vielen kleinen Fließgewässern besteht, nicht immer möglich, da gerade während der Sommermonate aufgrund der Trockenheit Bäche trockenfallen oder eine Entnahme entgegen der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie steht. Die Entnahme von Grundwasser ist in dem beschriebenen Areal ebenfalls nur noch beschränkt möglich, weil aufgrund der beschriebenen Trockenheit, der Sümpfungsmaßnahmen des Tagebaus Inden, industrieller Entnahmerechte sowie der Trinkwassergewinnung eine negative Bilanz des Grundwasserdargebotes vorliegt.
Das bedeutet, dass einerseits bestehende Grundwasserentnahmerechte der landwirtschaftlichen Betriebe nach Auslaufen der Genehmigung nicht mehr verlängert werden können und andererseits keine neuen Genehmigungen zur Grundwasserentnahme erteilt werden können.
Zur Sicherung der regionalen Lebensmittelversorgung ist es jedoch wichtig eine Alternative zu den oben aufgeführten Quellen des Bewässerungswassers zu finden, um weiterhin qualitativ hochwertige und stabile landwirtschaftliche Erträge wirtschaftlich angemessen sichern zu können. Eine Möglichkeit besteht hier in der Wasserwiederverwendung, welche durch die im Juni 2023 in Kraft tretende Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates (2020/741) zur Wasserwiederverwendung thematisiert wird. Die Etablierung dieser Verordnung in das Wasserrecht des Bundes und der Länder mit einer Definition entsprechender Qualitätsanforderungen kann eine rechtliche Grundlage darstellen. In der Verordnung werden bereits verschiedene Qualitätsklassen für geklärtes Abwasser definiert und entsprechend ihrer Qualität verschiedenen Bewässerungsmethoden und pflanzlichen Kulturen zugeordnet. Für sensible pflanzliche Kulturen, welche in direktem Kontakt mit dem Bewässerungswasser kommen und zum direkten Verzehr vorgesehen sind, wird die höchste Qualitätsstufe vorausgesetzt.

Das Projekt
Anliegend an das oben beschriebene Gebiet wurde im Jahr 2021 eine Molkerei errichtet, welche Trinkwasser für ihre verarbeitenden Prozesse nutzt. Es entstehen hier jährlich mehr als 900.000 m³ gereinigtes Abwasser, welches in ein kleines anliegendes Fließgewässer eingeleitet wird. Das dort entstehende Abwasser weist im Gegensatz zu den Abwässern einer kommunalen Kläranlage wesentlich weniger potentiell bedenkliche Inhaltsstoffe und humanpathogene Erreger auf, weil in dieser Kläranlage ausschließlich die im Produktionsprozess anfallenden Abwässer geklärt werden und die anfallenden sozialen Abwässer einer naheliegenden kommunalen Kläranlage zugeführt werden. Dieses Abwasser stellt aus diesem Grund eine potentielle Ressource zur Versorgung der landwirtschaftlichen Betriebe dar.
Um diese Option mit der Geschäftsführung der Molkerei und den von Wasserknappheit betroffenen Landwirten zu erörtern, wurden in einer Informationsveranstaltung die hydrogeologische Situation, die Verfügbarkeit des Abwassers sowie mögliche rechtliche Grundlagen diskutiert. Die Geschäftsführung der Molkerei und die landwirtschaftlichen Betriebe zeigten großes Interesse an der Möglichkeit, das in der Molkerei anfallende gereinigte Abwasser in einem Kreislauf für die Bewässerung verschiedener landwirtschaftlicher Kulturen zu nutzen.
Der Kreis Euskirchen hat daraufhin die Initiative ergriffen, die rechtlichen Rahmenbedingungen mit den übergeordneten Behörden abzustimmen. Um das komplexe Feld der Wasserwiederverwendung in einem angemessenen Maße abbilden zu können, wurde seitens der übergeordneten Behörden empfohlen eine Machbarkeitsstudie durchzuführen, in welcher die wesentlichen Aspekte berücksichtiget werden sollen, welche eine kontrollierte und Risiko angepasste Verwendung des Abwassers ermöglichen. Dazu gehört vor allem die Sicherung des Grundwasserschutzes und der menschlichen Gesundheit durch die Verwendung. Die Relevanz dieses Themengebietes wurde auch von den übergeordneten Behörden erkannt, weshalb eine Förderung der Machbarkeitsstudie aus Landesinteresse in Aussicht gestellt wurde. 
Im Folgenden wurde ein Projektkonsortium gebildet, welches aus dem hiesigen Wasserverband, den wissenschaftlichen Instituten verschiedener Hochschulen mit den Schwerpunkten Siedlungsabwasser und Hygiene sowie mehreren Ingenieurbüros, welche Erfahrungen auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Bewässerung als auch auf dem Gebiet der Hydrogeologie haben, besteht, um die wesentlichen Aspekte die in einer Machbarkeitsstudie untersucht werden sollten, erarbeiten zu können. Gleichzeitig meldeten die landwirtschaftlichen Betriebe die Größe der Flächen, welche bereits bewässert werden oder für eine Bewässerung vorgesehen werden. Insgesamt wurde eine Fläche von mehr als 1.500 ha gemeldet, was den großen Bedarf und die Dringlichkeit einer alternativen Lösung zur Bewässerung der landwirtschaftlichen Kulturen unterstreicht. In Kooperation mit der Landwirtschaftskammer NRW wurde basierend auf der gemeldeten Flächengröße und der dort angebauten Kulturen der Wasserbedarf für das gesamte Areal annähernd bestimmt. Dieser liegt sogar über den potentiell zur Verfügung stehenden 900.000 m³ pro Jahr, wenn gängige landwirtschaftliche Bewässerungsmethoden der Berechnung zugrunde gelegt werden.

Projektgebiet für die Wasserwiederverwendung aus der Molkerei in der Zülpicher Börde.
Quelle:  Geoinformation und Kataster, Kreis Euskirchen

Ziel ist es, den Landwirten das Wasser mit einer höchstmöglichen Güteklasse und zu wirtschaftlichen Konditionen zur Verfügung stellen zu können. Für die benötigte Menge Bewässerungswasser ist es daher notwendig die im Verlauf des Jahres anfallenden Mengen des gereinigten Abwassers in Becken zwischenzuspeichern, um eine Versorgung der landwirtschaftlichen Betriebe während der Vegetationsperiode gewährleisten zu können. In der Machbarkeitsstudie soll also notwendigerweise auch betrachtet werden, welche Auswirkungen eine Speicherung des Wassers auf die Wasserqualität hat. Aufgrund des großen Projektgebietes wird auch eine Kostenschätzung bezüglich der benötigten Infrastrukturen vorgenommen, welche einen Anhaltspunkt bietet, ob eine für die landwirtschaftlichen Betriebe wirtschaftliche Umsetzung zur Nutzung des Abwassers möglich ist.

Ausblick
Um die Versorgung der landwirtschaftlichen Betriebe mit Wasser zur Existenzsicherung und auch zur Sicherung der Lebensmittelproduktion, als Teil der kritischen Infrastruktur, zu gewährleisten, ist es wichtig, dass die Machbarkeitsstudie zur Nutzung des anfallenden Prozessabwassers schnellst möglich durchgeführt werden kann, damit weitere Rahmenbedingungen zur Nutzung des Abwassers definiert werden können. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der zeitintensiven Planung einer alternativen Bewässerungsinfrastruktur sowie den mit dem Bau der Becken verbundenen Planungsprozessen zu betrachten. 
Das Projektkonsortium setzt sich daher gemeinsam mit den betroffenen Landwirten und der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen dafür ein, die Machbarkeitsstudie schnellst möglich durchzuführen. Dies geschieht auch mit Blick auf die Möglichkeit in Nordrhein-Westfalen ein Projekt zur nachhaltigen Nutzung der Ressource Wasser zu etablieren und somit den Grundstein für weitere Projekte dieser Art zu legen. In dem hier vorliegenden Fall würde Wasser von einem Betrieb, welcher landwirtschaftliche Produkte verarbeitet, für die Produktion landwirtschaftlicher Produkte zur Verfügung gestellt werden. Dies ist ein Beispiel für eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft, welches im Hinblick zunehmender Wassernutzungskonkurrenz in der gesamten Bundesrepublik Einzug finden sollte, denn Wasser ist in ausreichender Menge und guter Qualität eine der elementaren Lebensgrundlagen für Mensch und Natur.   

 

Saskia Gall-Röhrig
Quelle: Kreis Euskirchen