100 Jahre Kreismuseum Wewelsburg

23. Januar 2025: Von Kirsten John-Stucke, Museumsleiterin, Kreismuseum Wewelsburg

Das Kreismuseum Wewelsburg feiert 2025 seinen 100. Geburtstag. Das Renaissanceschloss Wewelsburg wurde 1603-1609 von Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg errichtet. Der damalige Kreis Büren übernahm in den 1920er Jahren das mittlerweile verfallene Schloss und baute es zu einem Kulturzentrum mit Jugendherberge, Gaststätte und Heimatmuseum aus.

Im Zweiten Weltkrieg übernahm Heinrich Himmler, Reichsführer der Schutzstaffel (SS), das Schloss, setzte KZ-Häftlinge für den Umbau ein und gab gegen Kriegsende den Befehl zur Sprengung. Nach dem Wiederaufbau 1950 fanden das Kreisheimatmuseum und die Jugendherberge erneut Platz im Schloss. Durch die Gebietsreform wurde der Kreis Paderborn 1975 Träger des Kreismuseums. Heute befinden sich zwei Abteilungen in der Wewelsburg: das Historische Museum des Hochstifts Paderborn sowie die international angesehene Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933-1945.


Blick in das Kreisheimatmuseum, um 1932.
Quelle: Kreismuseum Wewelsburg

Der Entschluss zu einem Heimatmuseum ging bereits 1923 auf die Initiative des damaligen Landrats Dr. Aloys Vogels zurück. Aufrufe führten dazu, dass die Sammlung schnell anwuchs. Im Fokus des „Heimat und naturwissenschaftlichen Museums“ stand der Heimatgedanke und die Volksbildung: Das Museum sollte „anregen und belehren“. Am 31. Mai 1925 wurde das Kreisheimatmuseum in der Wewelsburg eröffnet. Mit der Übernahme der Wewelsburg durch die SS musste die Sammlung 1934 nach Büren gebracht werden. Dafür richtete die SS ein eigenes Museum mit zahlreichen geologischen und paläontologischen Funden ein. Staatsgeschenke aus Berlin wurden ebenso wie geraubte Kunstschätze aus besetzten osteuropäischen Staaten in der Wewelsburg gelagert. Über 3900 Häftlinge des extra dafür eingerichteten Konzentrationslagers arbeiteten an dem Ausbau des Schlosses und im Steinbruch. Mindestens 1285 Häftlinge starben an den brutalen Arbeitsbedingungen und der SS-Gewalt. Als die SS das Schloss am 31. März 1945 sprengen ließ, konnte nur ein kleiner Teil der Museumssammlung gerettet werden. Der Rest verbrannte oder fiel Plünderern in die Hände.

Wahrzeichen des Paderborner Landes
Direkt nach dem Krieg begann der Wiederaufbau des Wahrzeichens des Paderborner Landes. Zeitgleich mit dem Kreisheimatmuseum wurde 1950 im Nordturm auch ein zehnteiliger Gemäldezyklus des Bürener Künstlers Josef Glahé als Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus eröffnet.

1977 hatte der nun verantwortliche Kreistag Paderborn nach kontrovers ausgetragenen öffentlichen Diskussionen um die Aufarbeitung der SS-Vergangenheit in Wewelsburg die Einrichtung einer Dokumentations- und Gedenkstätte beschlossen. Die zeitgeschichtliche Dokumentation „Wewelsburg 1933–1945. Kult- und Terrorstätte der SS“ sollte einen „mahnenden Charakter“ erhalten und wurde 1982 im ehemaligen SS-Wachgebäude eröffnet. Die Abteilung entwickelte sich unter der Leitung des damaligen Museumsleiters Wulff E. Brebeck (Leiter 1980–2011) zu einem international angesehenen außerschulischen Lernort mit einem umfassenden historisch-politischen Bildungsauftrag für Jugendliche und Erwachsene. 1983 wurde die längst nicht mehr zeitgemäße „Ostdeutsche Heimatstube“ aus den 1960er Jahren ersetzt durch die zeitgeschichtliche Ausstellung „Deutsche im östlichen Mitteleuropa – Kultur, Vertreibung, Integration“, ebenfalls im Wachgebäude am Burgvorplatz untergebracht. Sie schilderte bis 2009 die Geschichte der Patenkreise des Kreises Paderborn Meseritz (heute polnisch: Miedzyrzec) und Schwerin an der Warthe (Skwierzyna).

Historisches Museum des Hochstifts Paderborn

Die Umwandlung des Heimatmuseums in ein regionalgeschichtliches Museum ging auf Ideen aus den 1970er Jahren zurück, mit einem „Historischen Museum des Hochstifts Paderborn“ die Landesgeschichte des früheren Fürstbistums Paderborn bis zur Säkularisation zu dokumentieren. Nach langer Planung konnte die Wewelsburg zu Beginn der 1990er Jahre mit Städtebaumitteln des Landes NRW aufwändig saniert und 1996 im Schlossgebäude ein wissenschaftlich fundiertes regionalgeschichtliches Museum eröffnet werden. Um den veränderten Besucherwahrnehmungen gerecht zu werden, wurde die Abteilung 2015 neugestaltet.


Blick in die Ausstellung „Ideologie und Terror der SS“, 2010
Quelle: Kreismuseum Wewelsburg

Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933-1945
Auch die zeitgeschichtliche Dokumentation wurde seit 2000 umfassend neu konzipiert und erweitert. Mit finanzieller Unterstützung des Bundes, des Landes NRW und des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe konnte ein Erweiterungsbau und eine neue Ausstellung realisiert werden. Die am 15. April 2010 eröffnete Dauerausstellung „Ideologie und Terror der SS“ in der neuen „Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933–1945“ informiert seitdem über die allgemeine Entwicklung der SS und speziell über deren Tätigkeiten und Verbrechen in Wewelsburg. Die Geschichte des KZ Niederhagen und das Gedenken an die Opfer der SS-Gewalt in Wewelsburg stehen dabei im Fokus. Durch seine besondere Ausstellungsgestaltung und den sensiblen Umgang mit originalen SS-Objekten und der noch erhaltenen SS-Architektur, vor allem im Nordturm der Wewelsburg, hat das Kreismuseum international Anerkennung erfahren. Im Juni 2024 wurde die Gedenkstätte um einen weiteren Standort auf dem ehemaligen KZ-Gelände erweitert: ein Teil der ehemaligen KZ-Häftlingsküche wurde zu einem „GeDenkOrt“ ausgebaut und zeigt eine Dauerausstellung zum Thema „Zwangsmigration“.


Luftansicht der dreischenkligen Wewelsburg, 2020
Quelle: Luca Backhaus, Kreismuseum Wewelsburg

Eine Burg – drei Türme – viele Geschichten
Das Kreismuseum bietet heute ein umfangreiches Veranstaltungs- und Bildungsprogramm, das auch die Themen Antisemitismus, Rassismusprävention und Demokratiestärkung umfasst. Über 100.000 Besuchende – jung und alt – interessieren sich für die wechselvolle Geschichte der Wewelsburg und besuchen das Kreismuseum. Der kulturelle Bildungsauftrag steht dabei – wie bereits vor 100 Jahren – im Vordergrund.

Kirsten John-Stucke
Quelle: Kreismuseum Wewelsburg