„Ausbildungsstelle to go“ – ein Rückblick

12. Oktober 2021: Von Kira Muth, Agentur für Arbeit Iserlohn, und Michael Herget, Kommunale Koordinie-rungsstelle (KAoA MK)

Corona hat die berufliche Beratung und das Matching zwischen jungen Menschen und Arbeitgebern bei der Suche nach einer passenden Ausbildung oder einem dualen Studium empfindlich gestört. Zeit, neue unkomplizierte Informations- und Vermittlungs-Formate zu entwickeln, fanden die regionalen Akteure der kommunalen Koordinierung KAoA im Märkischen Kreis.

Bedingt durch die Corona Pandemie konnten ab Frühjahr 2020 viele bekannte berufliche Beratungs- und Orientierungsangebote für junge Menschen nicht stattfinden. Praxisphasen und Ausbildungsmessen mussten abgesagt werden und auch die Beratungsangebote der Agentur für Arbeit fanden nur telefonisch oder digital statt. Die im Rahmen von Praktika üblicherweise entstehenden Kontakte entfielen fast völlig. Im Ergebnis fehlte den Jugendlichen der Praxischeck für die Berufswahl und erschwerte das Matching zwischen Ausbildungssuchenden und Ausbildungsbetrieben. 

Vor diesem Hintergrund war die kommunale Koordinierung des Märkischen Kreises (KAoA - Kein Abschluss ohne Anschluss) in ihrer koordinierenden Rolle besonders gefordert. In Kooperation mit den Akteuren der regionalen Verantwortungsgemeinschaft galt es, flankierend zu den Regelangeboten sinnvolle Unterstützungsmöglichkeiten für die Berufswahl zu entwickeln.  Dabei stellte sich die Erreichbarkeit der Jugendlichen unter Corona-Bedingungen in einem Flächenkreis als besondere Herausforderung dar.

Auf Initiative der Koordinierungsstelle wurde aus dem starken Netzwerk im Märkischen Kreis heraus kurzfristig eine Veranstaltungsreihe konzipiert. Jugendliche, die noch keine passende Ausbildungsstelle gefunden hatten bzw. sich mangels Alternative an einem Berufskolleg angemeldet hatten, waren die Zielgruppe. Ziel war es, eine geeignete Ausbildungsperspektive anzubieten und das Interesse zu wecken, noch für das beginnende Ausbildungsjahr eine duale Ausbildung in den Blick zu nehmen. Berufsberaterinnen und Berufsberater sowie Ausbildungsvermittlerinnen und -vermittler der lokalen Partner am Ausbildungsmarkt (Agentur für Arbeit Iserlohn, Jobcenter Märkischer Kreis, Berufsbildungszentrums der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis e.V., Südwestfälische Industrie- und Handelskammer zu Hagen und der Handwerkskammer Südwestfalen) tourten gemeinsam mit der Koordinierungsstelle KAoA unter dem Motto „Berater on Tour“ durch den Märkischen Kreis. Kerngedanke: Jugendliche dort aufsuchen und beraten, wo sie sich aufhalten.


Berater on Tour in den Berufskollegs.
Quelle: Kira Muth, Agentur für Arbeit

Die ersten Stationen des Beratungsteams waren die Berufskollegs des Märkischen Kreises. In enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Lehrkräften wurden die Jugendlichen mit Beratungsbedarf in den Eingangsklassen identifiziert und in Einzelgesprächen über ihre Ausbildungschancen informiert. Neben den noch offenen Ausbildungsstellen hatten die Beraterinnen und Berater viele hilfreiche Tipps rund um Berufswahl, Bewerbung, Ausbildung und Studium im Gepäck. Um auch Jugendliche außerhalb von Schule zu erreichen, ging die Tour weiter durch die Gemeinden im Kreisgebiet. Hier fanden gleich mehrere Termine in Jugendzentren und Jugendcafés statt. Interessierte konnten spontan und ohne Voranmeldung teilnehmen. Noch bis in die Herbstferien wurde die Aktion ausgeweitet, um möglichst viele junge Menschen zu erreichen.

Nach dem Erfolg in 2020 wurde das Veranstaltungsformat in 2021 fortgeführt und ausgeweitet. Neben den bereits dargestellten Veranstaltungen an den Berufskollegs und in Kooperation mit der Jugendhilfe wurde die Aktion „Ausbildung to go“ neu aufgelegt. Hierbei handelt es sich um ein niederschwelliges Angebot in zentraler Lage, das in den Innenstädten von zwei Kommunen im Märkischen Kreis durchgeführt wurde. Auf dem Rathausplatz in Iserlohn und dem Sternplatz in Lüdenscheid entstand ein Marktplatz Ausbildung, an dem neben der Agentur für Arbeit Iserlohn und dem Jobcenter Märkischer Kreis auch die Handwerkskammer Südwestfalen, die Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis, die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer zu Hagen, die Stadt Iserlohn, die Stadt Lüdenscheid, die Kommunale Koordinierungsstelle (KAoA) des Märkischen Kreises, der Märkischer Arbeitgeberverband und der Arbeitgeberverband Lüdenscheid e.V. vertreten waren.


Ausbildung to go – niederschwellige Beratungsangebote in den Innenstädten.
Quelle: Kira Muth, Agentur für Arbeit

An den bunten Ständen war es ganz einfach und ohne Voranmeldung möglich, ins Gespräch zu kommen. Neben „Laufkundschaft“ kamen zahlreiche Jugendliche ganz gezielt mit vorbereiteten Unterlagen vorbei, um sich beraten zu lassen. Im Gepäck hatten die Berater und Beraterinnen der verschiedenen Institutionen nicht nur viele hilfreiche Tipps rund um Berufswahl, Bewerbung und Ausbildung, sondern vor allem die offenen Ausbildungsstellen für 2021. Bereits um kurz nach 9 Uhr am Samstagmorgen standen die ersten Jugendlichen samt Bewerbungsunterlagen parat, um sich beraten zu lassen. Ab dann ging es Schlag auf Schlag - die Berater und Beraterinnen des Handwerks, der Industrie und der Berufsberatung haben bis in den Mittag hinein in zahlreichen Gesprächen informiert, beraten und Mut gemacht. Gerade mal ein Schluck Kaffee zwischendurch war möglich. Die Anliegen der Jugendlichen, aber auch deren Eltern waren dabei vielfältig:

  •  „Ich suche noch eine Ausbildungsstelle, weil ich noch nichts von den Betrieben gehört habe. Man kann da im Moment nicht einfach vorbeigehen und nachfragen.“
  • „Ich hatte einen Vertrag unterschrieben, aber die Firma ist wegen Corona jetzt pleite.“
  • „Ich will eigentlich nicht weiter zur Schule, kann ich vielleicht doch noch eine Ausbildungsstelle finden in diesem Jahr?“

Gefragt waren alle Ausbildungsbereiche, ob im Handwerk, in der Industrie oder in der Verwaltung, aber auch freie schulische Ausbildungsgänge beispielsweise zum Erzieher. Sandra Pawlas, Chefin der Iserlohner Arbeitsagentur bilanzierte für die Akteure: „Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Lösungen. Wir wollten Jugendlichen, aber auch Eltern und allen anderen Interessierten die Möglichkeit geben, sich unkompliziert und direkt vor Ort an unseren Ständen zu informieren und beraten zu lassen. Vor allem mit den vielfältigen, noch offenen Ausbildungsangeboten konnten wir „locken. Die Aktion kam scheinbar zum richtigen Zeitpunkt und hat den „Nerv“ der jungen Leute getroffen.“

Bei den Jugendlichen fanden die Aktionstage großen Anklang:
„Das war echt super. Ich fand die Beratung vor Ort gut – ich wurde sofort angesprochen, als ich hier angekommen bin und wurde super nett beraten. Es gibt hier so viele Angebote und dass man hier so einfach die Möglichkeit hat das alles zu sehen ist echt super.“ 
Gemeint ist damit unter anderem eine große Liste an offenen Ausbildungsstellen in der gesamten Region. Hier konnten die Jugendlichen einfach und unkompliziert mit dem Smartphone interessante Stellen per QR-Code scannen und speichern.
Aber auch Eltern hatten die Möglichkeit an den Aktionstagen ihre Kinder zu begleiten und waren positiv überrascht vom Angebot:
„Das Gute ist, dass ich heute als Mutter auch mitkommen kann und schauen kann, was es noch für Möglichkeiten gibt – so kann ich noch ein bisschen ein Auge darauf haben. Ein super Angebot und ganz viele Informationen an den Ständen.“

Mit über 200 geführten Beratungsgesprächen konnte das Beraterteam eine positive Bilanz des Marktplatz Ausbildung ziehen. Das Konzept, Jugendlichen ein niederschwelliges und zentrales Angebot anzubieten, hat sich bewährt. Berater on Tour und Marktplatz Ausbildung werden auch in den nächsten Jahren fortgesetzt. Die dargestellten Veranstaltungsformate zeigen, dass durch „Kein Abschluss ohne Anschluss“ eine Verantwortungsgemeinschaft im Märkischen Kreis entstanden ist, die auch in einer schwierigen Zeit in der Lage ist, kurzfristig und gemeinsam auf Herausforderungen zu reagieren.


Kira Muth und Michael Herget
Quelle: Kira Muth, Agentur für Arbeit