Bausteine der Kreisgeschichte

26. März 2019: Von Gabriele Mohr, Kreisarchivarin des Rhein-Erft-Kreises

Im Rhein-Erft-Kreis wird im Juni 2019 eine Ausstellung zur Kreisgeschichte eröffnet, die erstmals Ergebnisse aus verschiedenen Projekten des Kreisarchivs größeren Besuchergruppen zugänglich macht.

Jede Stele ein eigener Ausstellungsraum
Da dem Archiv kein dauerhafter Ausstellungraum zur Verfügung steht, wurde nach einer Form gesucht, Kreisgeschichte auf moderne und mobile Weise Menschen näher zu bringen. Dafür wurde ein eigenes Stelen-System, das gleichzeitig Ausstellungsort und Projektionsfläche ist, entwickelt.
Stelen sind durch ihre Größe ein Blickfang und können, mit verschiedenen Medien ausgestattet, vielfältige Daten aufnehmen und an unterschiedlichen Orten präsentieren werden. Als Einzelobjekt besitzt die Stele eine genuine Aussagekraft. In Kombination mit anderen Stelen kann sie einen größeren Ausstellungsrahmen abstecken oder ihr Thema weiter präzisieren.
Jede Stele ist mit ausgewählten Informationen bestückt die, mittels Fotos, Hörbeiträgen, Grafiken, Filmen oder dreidimensionale Gegenständen, das Thema der Stele vermitteln. Das Abrufen der Informationen erfolgt durch verschiedene technische Hilfsmittel wie Hörknuppel, Vitrinen oder Bildschirme. Damit wird der Besucher aktiv in die Ausstellung eingebunden. Derzeit gibt es Ausstellungen zu den Themen: Braunkohle, Nationalsozialismus und 19. Jahrhundert. Weiterhin werden in der Ausstellung historische Zeitungen und Objekte aus der musealen Sammlung des Archivs vorgestellt.
Betrachtet man die fünf Sparten, so ist erkennbar, dass sie weder einer zeitlichen noch inhaltlichen Systematik folgen. Vielmehr fungieren sie als Facetten, die einzeln oder kombiniert, einen informellen Ausschnitt der Kreisgeschichte darstellen können.

Von der Archivarbeit zur öffentlichen Inszenierung


Der Landrat des Rhein-Erft-Kreises, Michael Kreuzberg, mit den Autorinnen und Autoren der Broschüre "Braunkohle im Rhein-Erft-Kreis-Perspektiven" an der Stele "Braunkohle", anlässlich deren Präsentation am 06.11.2018 in der Kreishausgalerie in Bergheim.
Quelle: Rhein-Erft-Kreis

Am Beispiel der Gestaltung der Stele „Meldungen aus dem 19. Jahrhundert“ lässt sich die Vorgehensweise der Aufbereitung von archivischen Informationen für die Ausstellung sehr gut veranschaulichen.
Ausgangspunkt für die Bereitstellung von Nachrichten aus dem 19. Jahrhundert war die Idee, archivische Informationen in ein hörbares Format umzuwandeln und zu präsentieren. Als geeignete Grundlage diente die medizinische Topographie des Kreises Bergheim von 1823. Die Akte wurde in einem größeren Projekt transkribiert, editiert und ist heute eine unverzichtbare Quelle für wirtschaftliche, kulturelle, soziologische und ökologische Forschungen. Aus der Publikation wurden sechs Ereignisse ausgewählt und zu Storys umgeschrieben. Gemeinsam mit dem Medienzentrum des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) in Düsseldorf wurde ein Drehbuch verfasst, das wiederum Grundlage für die Erstellung der Hörtracks war.
Die kleinen hörbaren Alltagsgeschichten aus dem 19. Jahrhundert erzählen dem Zuhörer nun über den Autor der medizinischen Topographie, über alte Apfelsorten und Insektenarten an der Erft, von Haustaufen und den Auswirkungen der Mäuseplage 1826 in Bergheim.
Ergänzt werden die Tonbeiträge durch eine Vitrine, die in der Stele integriert ist und Postkartenmotive von Bergheim aus dem 19. Jahrhundert zeigt.

Gemeinsames Design verbindet
Damit die Stelen auch als Ausstellungsräume des Kreisarchivs erkannt werden, wurden sie mit einem Großdruck versehen, der thematische und archivische Begriffe zeigt. Der Begriff oder Schriftzug des Hauptthemas der Stelen ist dabei in roter Schrift von den anderen Begriffen abgesetzt. Zudem sind die Stelen mit dem Logo des Kreises versehen.
Die Stelen sind 200 cm hoch und 63 cm breit. Ihr Körper sitzt auf 0.6 cm starken, den statischen Anforderungen entsprechenden Boden-Stahlplatten. Durch den seitlichen Rücksprung der Front- und Rückwandplatte sowie der aufgesetzten Seitenleisten erhalten die Stelen eine schlanke Gestalt (Ausnahme die Vitrinen-Stele). Der Grundkörper hat zudem genügend Platz um die Technik für Bildschirme, Lautsprecher und digitiale Speichermedien aufzunehmen.
Zu den o.g. Ausstellungsbereichen wurden neben der erläuterten Stele „Meldungen aus dem 19. Jahrhundert“ folgende Stelen erstellt:


Quelle: Clara Heim, d-m-d, Die Museumsdesigner, 2019

Die Stele „Braunkohle“ präsentiert in vier Bildschirmen Fotos aus der Geschichte des Rohstoffes Braunkohle, die zwischen 1950 und 1960 aufgenommen wurden. Sie erinnern an die Arbeits- und Lebenswelt der Menschen im Rheinischen Revier, eben so wie an erste Rekultivierungen auf der Ville oder die Anfänge der Großtagebaue in Bergheim und Frechen. Die Fotos werden zudem durch eine installierte Geräuschcollage verstärkt, die mit dem symbolischen Anzünden des Feuers beginnt und in leise Töne der wiederhergestellten Natur übergeht. Auf der Rückseite der Stele befinden sich drei Hörbeiträge, die über die Zukunft und die Kosten der Braunkohle Auskunft geben.


Quelle: Clara Heim, d-m-d, Die Museumsdesigner, 2019

In der Stele „Nationalsozialismus“ werden einerseits die digitalen Ergebnisse des Schülerwettbewerbes 2016 zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus im Rhein-Erft-Kreis interaktiv präsentiert. Andererseits können Schülerbeiträgen aus den 1980er Jahren des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten als Hörbeiträge abgerufen werden.


Quelle: Clara Heim, d-m-d, Die Museumsdesigner, 2019

Die Stele „Historische Zeitungen“ ermöglicht dem Besucher in digitalen Ausgaben historischer Zeitungen des Kreises Bergheim zu stöbern. Die Ausgaben 1918 und 1919 der Bergheimer und der Bedburger Zeitung können in der jetzigen Ausstellung am Monitor gelesen werden.


Quelle: Clara Heim, d-m-d, Die Museumsdesigner, 2019

In der Stele „Kulturhistorische Sammlung“ steht das 1955 ausgegrabene fränkische Fürstengrab von Morken im Mittelpunkt. Gezeigt werden Nachbildungen der Grabfundstücke, die sich im Archiv des Kreises befinden sowie eine Rekonstruktionszeichnung des Grabes aus dem Landesmuseum Bonn.

Fazit
Die modularen „Bausteine der Kreisgeschichte“ des Rhein-Erft-Kreises sind eine gelungene Form von Geschichtsvermittlung. Sie bieten eine hohe Variabilität für die Vermittlung von Informationen aus Archiven, die keine festen Ausstellungsräume besitzen.
Die Präsentationsart ist unkompliziert, in der Handhabung einfach und durch die Austauschbarkeit der Inhalte vielfach nutzbar.


Gabriele Mohr
Quelle: Rhein-Erft-Kreis