Burg Windeck – ein „bergisches Juwel“ im Rhein-Sieg-Kreis

07. Januar 2025: Von Rainer Land, Leiter a. D. des Kultur- und Sportamtes, Rhein-Sieg-Kreis

Im östlichen Rhein-Sieg-Kreis, dort wo das Rheinland, das Bergische Land und der Westerwald aneinandergrenzen, erhebt sich oberhalb des alten Laufes der Sieg die Ruine von Burg Windeck. Vor 850 Jahren erstmals urkundlich erwähnt, wurde sie im Dreißigjährigen Krieg zur Ruine, kam im 19. Jahrhundert in Privatbesitz und wurde 1961 Eigentum des Kreises, der sie als ein bedeutendes Zeugnis der Regionalgeschichte erwarb. Nach langjähriger Sicherung und Konservierung des denkmalgeschützten Komplexes ist Burg Windeck heute ein besonderer touristischer Anziehungspunkt. Die Burg, deren Jubiläum im Sommer 2024 mit einem großen Bürgerfest gefeiert wurde, soll im Rahmen der Regionale 2025 – Bergisches RheinLand – aufgewertet und zukunftsfest gemacht werden.


Die eindrucksvollen Ruinen von Burg Windeck.
Quelle: Rainer Land

Eine kleine Burggeschichte
Das älteste bekannte Dokument, das die Existenz einer Burg an dieser Stelle belegt, datiert vom Frühjahr 1174, ausgestellt in Aachen anlässlich eines Hoftages, zu dem Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) die Würdenträger des Heiligen Römischen Reiches eingeladen hatte. Eine bei dieser Gelegenheit ausgestellte kaiserliche Urkunde befasst sich mit der Burg Windeck: Ihr aktueller Besitzer, der hessisch-thüringische Landgraf, hatte sie dem Grafen von Berg zu Lehen übertragen. Dieses Rechtsgeschäft und seine Bedingungen werden durch die kaiserliche Urkunde bestätigt.

Für die Grafen (später: Herzöge) von Berg, die in den folgenden Jahrzehnten endgültig in den Besitz Windecks gelangen, ist die Burg von strategischem Wert: Sie ist der südliche Stützpunkt ihres Herrschaftsbereiches an der Grenze von Westerwald und Bergischem Land, eine Bastion gegen die Ansprüche konkurrierender Herrschaften, etwa der Grafen von Sayn oder des Kölner Erzbischofs.


Beim Aufstieg zur Burg grüßt der mächtige Bergfried
Quelle: Rainer Land

Die Grafschaft Berg wird ab dem 13. Jahrhundert auf lange Zeit zu einer stabilen regionalen Größe. Damit beginnt auch für die Burg Windeck eine Phase, in der sie als Außenposten, wahrscheinlich auch als zeitweilige Residenz der Grafen und schließlich als Verwaltungs- und Gerichtssitz des bergischen Amtes Windeck über Jahrhunderte eine feste Rolle spielt. Sie endet, als Burg Windeck in der Schlussphase des Dreißigjährigen Krieges schwer beschädigt und in einem späteren Feldzug 1672 endgültig zerstört wird. Fortan ist Burg Windeck eine Ruine – und dient den Anwohnern als Steinbruch. Der Sitz des bergischen Amtes Windeck, das weiterhin bestehen bleibt, wird verlegt.
Die Geschichte des Herzogtums Berg endet endgültig 1815. Der Wiener Kongress ordnet Europa neu, das Rheinland wird preußisch. Damit „erbt“ der preußische Staat auch die Ruine von Burg Windeck.
Auch das Amt Windeck gibt es nun nicht mehr. Doch seine Struktur lebt noch eine Zeitlang fort. 1816 entsteht der Kreis Waldbröl. Sein Gebiet entspricht im Großen und Ganzen dem des alten Windecker Amtes. Erst als dieser Kreis 1932 aufgelöst wird, ist die alte Struktur nicht mehr an den Kreisgrenzen ablesbar. Der südliche, an der Sieg gelegene Teil des vormaligen Amtes kommt zum Siegkreis, während das übrige Gebiet im neuen Oberbergischen Kreis aufgeht.
Als das Mittelalter im 19. Jahrhundert im Zuge der Romantik und der neuen Nationalbewegung eine Renaissance erlebt, fällt der Blick des königlich-preußischen Landrats von Waldbröl auf die Burgruine. 1852 erwirbt er das Gelände und lässt dort eine repräsentatives Burghaus im Stil des Historismus errichten. Die „Schloss Windeck“ genannte Villa wird 1899 erweitert.

Im Frühjahr 1945 wird Windeck ein weiteres Mal Opfer eines Krieges. Durch Artillerie-Beschuss geht Schloss Windeck in Flammen auf. Es wird nicht wieder aufgebaut.

Burg Windeck im Kreisbesitz
Fünfzehn Jahre später richtet sich öffentliches Interesse auf das brach liegende Gelände. Die örtlich zuständige Gemeinde, der Siegkreis, die Bezirksregierung und der Landeskonservator erkennen den Wert der Ruine als geschichtliches Zeugnis. Schließlich entscheidet sich der Kreis 1961, die Burg zu erwerben.
Zu diesem Zeitpunkt sind die gröbsten Schäden des Zweiten Weltkriegs vielfach behoben. Das „Wirtschaftswunder“ schafft neue Spielräume. Die öffentlichen Hände haben nicht mehr nur die Not der Nachkriegszeit im Blick. Man ist bereit und hat die Mittel, sich für das kulturelle Erbe zu engagieren. Ein führendes Kreistagsmitglied spricht vom „Beginn einer neuen Aufgabe, die dem Kreis aus der Pflege seiner historischen Baudenkmäler erwächst und die als Aufgabe sehr ernst genommen werden sollte“.
Nach dem Erwerb des Geländes stoppt eine erste Restaurierung von Teilen der Hauptburg den weiteren Verfall. Die Rekonstruktion einer Palaswand und des Bergfrieds schafft eine landschaftsprägende Kulisse, die zu einem Wahrzeichen der 1969 neu gebildeten Großgemeinde Windeck wird.


Bergfried und Pallaswand
Quelle: Rainer Land

Der Rhein-Sieg-Kreis, der anlässlich dieser kommunalen Neuordnung aus dem Siegkreis und großen Teilen des aufgelösten Landkreises Bonn hervorgeht, entschließt sich 1987, die Burg wissenschaftlich zu erforschen. Nach einer längeren Phase archäologischer Grabungen, die wertvolle Erkenntnisse über Größe, Ausstattung und Zuschnitt der Burg liefern und Rückschlüsse auf ihr ursprüngliches Aussehen ermöglichen, richtet sich das Hauptaugenmerk später darauf, das Mauerwerk zu sichern und zu konservieren.

Nicht nur ein Denkmal
Burg Windeck ist ein bedeutendes Bau- und Bodendenkmal, das zudem faszinierende Ausblicke auf das Siegtal eröffnet. Sie ist ein touristischer Schwerpunkt in der Naturregion Sieg und des südlichen Bergischen Landes.
Um den Aussagewert historischer Zeugnisse in der Gegenwart erlebbar zu machen und zu interpretieren, bedarf es zeitgemäßer Formen des Umgangs mit dem kulturellen Erbe. Die Burg soll in der Idealvorstellung ein Ort kulturellen Erlebens sein, der aktuelle Veranstaltungen (Theater, Musik, Lesungen) ermöglicht und zugleich die Vergangenheit erfahrbar macht.


Die Burg als Kulisse: historische Theatervorführung 2000
Quelle: Rainer Land

Mehrfach fanden auf dem Gelände Theateraufführungen statt, in denen Sagen und Erzählungen rund um die Burg lebendig wurden. Zuletzt nahm im August 2024 ein szenisches Theaterstück das Publikum mit auf eine Reise durch 850 Jahre Burggeschichte. Dies war Teil eines bunten Bürgerfestes zum Burgjubiläum unter der Schirmherrschaft des Landrates des Rhein-Sieg-Kreises Sebastian Schuster, der Windecker Bürgermeisterin Alexandra Gauß und der stellvertretenden NRW-Ministerpräsidentin Mona Neubaur. Die große Resonanz dieses Festes verdeutlichte einmal mehr, wie sich die Menschen an der Sieg und im südlichen Bergischen Land mit „ihrer“ Burg Windeck identifizieren und sie auch darüber hinaus Besucherinnen und Besucher anzieht.


Burg-Jubiläum 2024
Quelle_ Michael Patt

Perspektiven
So attraktiv der Ort ist, so hoch ist jedoch bei jeder Veranstaltung der logistische Aufwand, weil die notwendige Infrastruktur fehlt. Deshalb laufen Planungen im Rahmen des Strukturprogramms REGIONALE 2025 – Bergisches RheinLand, die Burgruine durch behutsame bauliche Maßnahmen besser nutzbar zu machen. Diese Aufwertung wird im Kontext mit dem Museumsdorf Altwindeck am Fuß des Burgberges und dem ebenfalls in Sichtweite gelegenen Siegwasserfall geschehen. Ziel des Rhein-Sieg-Kreises ist es, damit eine zukunftsorientierte und nachhaltige touristische Entwicklung in dem eher ländlich geprägten östlichen Teil des Kreises zu fördern. Eine AR-App (Augmented Reality) als weiteres Projektmodul wird das Natur- und Kulturerlebnis vor Ort ergänzen: Geschichte und Geschichten rund um Burg Windeck sollen mit den Mitteln unserer Zeit in einer interaktiven und unterhaltsamen Inszenierung jederzeit erlebbar sein. Dieser Sprung „Zurück in die Zukunft“ hat inzwischen den höchsten Qualifizierungsstatus der REGIONALEN erhalten; entsprechende Projektanträge für das EFRE/JTF-Programm NRW sind gestellt.

Die Zeichen stehen gut, dass Burg Windeck als „bergisches Juwel“ (so ein Buchtitel des verstorbenen Windecker Heimatforschers Emil Hundhausen) in Zukunft noch etwas heller strahlen wird.

Rainer Land
Quelle: Rhein-Sieg-Kreis