Das neue KiBiZ in der Praxis

13. November 2020: Von Christina Altenbernd, Leiterin des Bildungsbüros, und Selina Miernik, Mitarbeiterin des Bildungsbüros, Kreis Herford

Das Bildungsbüro des Kreises Herford stellt als Geschäftsstelle der Bildungsregion einen Schnittpunkt zwischen deren Akteuren und Einrichtungen dar. Dabei koordiniert es die Netzwerkarbeit entlang der Bildungskette und bietet verschiedene Projekte und Unterstützungsmöglichkeiten zur konzeptionellen und strukturellen Weiterentwicklung.

In unserem biografischen Netz stellen die Bildungsübergänge wichtige Knotenpunkte dar. Beginnend mit dem frühesten Kindesalter, über die schulische Laufbahn, bis in die Prozesse der beruflichen Orientierung stärken und verdichten sie das Geflecht, das uns im Leben trägt. Deshalb arbeitet das Bildungsbüro mit zahlreichen Akteuren, Programmen und Projekten daran, tragfähige Bildungsnetze für alle Kinder und Jugendliche im Kreis Herford zu schaffen.
Von der frühkindlichen Bildung an, widmet sich das Bildungsprogramm "Kita & Co" der Begleitung des Übergangs von der Kita in die Grundschule. Dabei ist die Zusammenarbeit mit Eltern und Erziehungsberechtigten für die gelingende Übergangsgestaltung von besonderer Bedeutung. Deshalb bietet "Kita & Co" seit 2015 für die pädagogischen Fachkräfte in Kindertagesstätten, Grundschulen oder Einrichtungen der Familienbildung im Kreis Herford das "familY-Programm" an.  Mit dieser Qualifizierungsreihe werden nicht nur Kompetenzen in der Familienbildung und die Zusammenarbeit mit Eltern gefördert, sondern auch begleitende Impulse für die Interaktion und Kommunikation geboten. Auf diese Weise können die Einrichtungen ihre Eltern und Erziehungsberechtigten noch besser an der Übergangsgestaltung von der Kita in die Grundschule beteiligen. Darin liegt ein wichtiger Schlüssel für die Angleichung von Bildungschancen, da das aktive Engagement der Eltern einen nachweisbar positiven Einfluss auf den Schulstart der Kinder und den nachfolgenden Bildungsweg hat.       
Doch die Elternarbeit ist nicht der einzige Bereich, in dem die bildungsbiografische Entwicklung der Kinder durch gezielte Fachkräfteworkshops gefördert werden kann. Ein anderer ist das forschende und entdeckende Lernen. Deshalb arbeitet "Kita & Co" in langjähriger Kooperation mit dem "Haus der kleinen Forscher" zusammen - einer Stiftung, die den Forschergeist schon im frühesten Alter wecken und fördern möchte. In jährlich stattfindenden Workshops erproben und erforschen Fachkräfte aus Kindertagesstätten und Grundschulen das naturwissenschaftliche Denken anhand einfachster Gegenstände, um anschließend alltagsintegrierte Forschungsansätze in ihre Einrichtung mitzunehmen. Die kleinen Teams im Workshop entdecken dabei nicht nur neue Möglichkeiten, um vertraute Gegenstände umzufunktionieren, sondern finden auch Gelegenheit für den Austausch und die Vernetzung zwischen den einzelnen Einrichtungen. So gelingt gleichzeitig eine gute frühe Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) und eine gleitende Übergabe an die aufbauenden Inhalte des Grundschulunterrichts.

 

 

Workshop der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. - Quelle: Kreis Herford

Langfristig soll das Forschen im Alltag die Kinder zu einem nachhaltigen und offenen Denken anregen. Eine gute Basis, denn das Thema Nachhaltigkeit ist von großer Bedeutung für die kommenden Generationen und eine Aufgabe, der sich vor allem die Kinder von heute bald schon stellen müssen.  Zunehmend wird die Thematik auch zum Bildungsauftrag für Kindertagesstätten und Grundschulen, weshalb das Bildungsbüro des Kreises Herford gemeinsam mit der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ seit einigen Jahren Workshops über angewandte "Bildung für nachhaltige Entwicklung" anbietet. Die ausgebildeten Fachkräfte aus Kindertagesstätten und Grundschulen werden zu Lernbegleitern und Lernbegleiterinnen, die Kinder im Alltag zum Forschen und Erkunden motivieren. So wird beim Tischdecken beispielsweise die Anzahl der Teller gezählt oder verschiedenen Obstsorten für das Frühstück entdeckt und untersucht. 
Um eine feste Verankerung dieser Ansätze im Sinne des Kinderbildungsgesetzes NRW zu erreichen, spielt der aktive Einbezug der Leitungskräfte eine zentrale Rolle. Viele Schulungen werden deshalb mit einem vorausgehenden Leitungsworkshop angeboten, in dem die Konzepte erklärt und gemeinsame Impulse zur Verstetigung in den Einrichtungen erarbeitet werden. Eine Herangehensweise, die sich bewährt hat und nun in eine erste Fortbildungsreihe für Einrichtungsleitungen mündet, die sich über mehrere Module hinweg mit alltagsrelevanten Herausforderungen und deren Bedeutung für die Organisationsentwicklung beschäftigt. 
Außerhalb von Workshops und Fachkräfteschulungen beschäftigt sich auch das Landesprogramm „Kommunale Präventionsketten“ im Kreis Herford mit der Frage, wie allen Kindern die gleichen Chancen für ein gelingendes Aufwachsen ermöglicht werden können. Um diese Frage zu beantworten, erfolgte im Jahr 2017 eine Bestands- und Bedarfserhebung in verschiedenen Einrichtungen, die das Aufwachsen von Kindern unter zehn Jahren im Kreis Herford begleiten. Dabei wurden sowohl die Einrichtungsleitungen als auch das Fachpersonal und die Erziehungsberechtigten mit gezielten Fragebögen angesprochen. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass die angestrebte, flächendeckende Übersicht der Präventionsangebote alle Perspektiven berücksichtigt. Die anschließende Untersuchung der Angebotsnutzung von Familien in Kindertagesstätten nahm mit separaten Fragebögen ebenfalls die Perspektive von Eltern und Fachkräften in den Blick.  Hier zeichneten sich vor allem die Förderung von Gesundheit, sowie von sozialen, motorischen und kognitiven Kompetenzen als wichtige Indikatoren zur Teilnahme an Angeboten ab.       

 

Sprachcamp zur Förderung von Sozial- und Sprachkompetenzen. - Quelle: Kreis Herford

Ein erstes Resultat aus diesen Erkenntnissen war das Konzept der Sprachcamps, die im Rahmen der Programme "Kommunale Präventionsketten" und "Kita & Co" in Zusammenarbeit mit den zuständigen Jugendämtern vor Ort nun jährlich in ausgewählten Kommunen mit sozial benachteiligten Quartieren durchgeführt werden. Getreu dem Prinzip der Übergangsgestaltung nehmen in jedem Standort rund 20 Ein-Schulkinder und Erstklässler gemeinsam daran teil. So gelingt neben der spielerischen Förderung von Sozial- und Sprachkompetenzen ein Austausch unter den Kindern und ein erstes Kennenlernen der örtlichen Schule für die zukünftigen Schülerinnen und Schüler. Um eine bedarfsgerechte Verteilung der Plätze sicherzustellen, wird viel Wert auf die Beobachtung und Einschätzung der pädagogischen Fachkräfte in den Kindertagesstätten und Grundschulen gelegt, die Anmeldeempfehlungen für die Kinder geben. Ein wichtiger Schritt, der nicht zuletzt zu einer guten Akzeptanz der Angebote in den Einrichtungen beiträgt, die inzwischen jährlich an bis zu sechs Standorten gleichzeitig durchgeführt werden.
Damit sowohl die Meinung der Eltern, als auch der Fach- und Leitungskräfte aktiv in verschiedenste Angebote einbezogen wird, werden im Bildungsprogramm Kita & Co in Kita und Grundschule regelmäßige Evaluationsprozesse durchgeführt. In dem mittlerweile erprobten Verfahren zeigt sich nicht nur die messbare Effizienz von Maßnahmen, sondern auch deren praktischer Nutzen bei den Zielgruppen, dem ein besonderer Stellenwert beigemessen wird. Oft geht es dabei nicht nur um den Vergleich des Ist-Zustands mit dem zugrundeliegenden Auftrag und dem angestrebten Ziel, sondern auch um neue Perspektiven und Ziele, die sich im Verlauf einer Maßnahme herausstellen können.    
Auf diese Weise gelingt ein eigenständiger Dialog zwischen dem Bildungsprogramm Kita & Co und seinen Kooperationspartnern mit dem gemeinsamen Ziel, ein stabiles Netz zu knüpfen, das die heranwachsenden Kinder auf ihrem Weg durchs Leben trägt.