Das Niederrheinische Museum in Kevelaer im Kreis Kleve und seine Besonderheiten
Die Region Niederrhein ist vor allem ländlich geprägt und erstreckt sich über mehrere Landkreise. Der Kreis Kleve grenzt an die Niederlande, wird unter anderem durch den Rhein strukturell geformt, besitzt seine ganz eigene politische Geschichte und hat mit der Wallfahrtsstadt Kevelaer eines der größten Wallfahrtszentren Deutschlands. Diese Besonderheiten spiegeln sich im Niederrheinischen Museum wider, das mit der Geschichte des heutigen Kreises Kleve und des Altkreises Geldern eng verwoben ist und auch seine eigene Sammlungsgeschichte vorzuweisen hat.
Zahlreiche Museen und kulturelle Einrichtungen im heutigen Kreisgebiet werden durch die Städte und Gemeinden betrieben oder unterstützt, oder aber durch das Ehrenamt erhalten. Vereinzelt finden sich Stiftungen und Vereine, die die personellen und finanziellen Möglichkeiten besitzen, kulturelle Einrichtungen zu unterhalten. Darunter fällt auch das Niederrheinische Museum in Kevelaer, das auf die Gründung des „Verein für Heimatschutz für Kevelaer und die umliegenden Ortschaften" im Jahr 1910 zurückgeht. Heute, mit seiner 114-jährigen Geschichte, heißt er „Verein für Museumsförderung Kevelaer e. V.“ und hat nicht nur den Namen, sondern auch seine Satzung angepasst, um sich inhaltlich stärker auf die Förderung des von ihm 1911 gegründeten Museums zu fokussieren.

Das Risbroecksche Haus.
Quelle: MedienManufaktur Niederrhein
Mit der Gründung des Museums im besagten Jahr wurden von Anfang an politische Protagonisten einbezogen, die sich für eine kulturelle Einrichtung einsetzten. So wurden die verschiedenen Unterbringungsmöglichkeiten durch öffentliche Gelder immer wieder unterstützt und bis heute finanziert.
Insgesamt gab es drei Museumsbauten auf Kevelaerer Gebiet, die jedoch entweder zu klein waren oder durch den Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Das vierte Haus wurde in den 1950er Jahren bezogen und ist noch heute der älteste Gebäudeabschnitt und Ausstellungsfläche des Museums. Das so genannte Risbroecksche Haus wurde mehrfach erweitert und umgebaut. Gründe liegen hier unter anderem in der Sammlungsgeschichte, die später noch Erwähnung finden wird. Der letzte große Anbau wurde in den 1990er Jahren errichtet.
Betreiberverein des Museums

Das Niederrheinische Museum.
Quelle: MedienManufaktur Niederrhein
Die Unterhaltung des Gebäudekomplexes, der rund 4.500 Quadratmeter Nutzungsfläche aufweist, wird seit Gründung eines Betreibervereins in den 1990er Jahren aufgeteilt. Den finanziell größten Beitrag leistet der Kreis Kleve, der zudem alle Instandhaltungsmaßnahmen und Modernisierungen der inneren Gebäudestruktur inklusive Technik übernimmt. Die Wallfahrtsstadt Kevelaer, Eigentümerin des Gebäudes, ist für die Gebäudehülle mit ihren Fenstern, Türen und Dächern zuständig und pflegt auch das umliegende Grundstück. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Museums übernehmen die Verwaltung und Unterhaltung der Sammlungen inklusive des Museumsbetriebs. Diese Zuständigkeiten sowie die Gründung eines Betreibervereins stehen am Ende einer längeren Geschichte, die durch politische Entscheidungen und personelle Veränderungen das Museum und seine Entwicklung geprägt haben. Ein historischer Einschnitt sei an dieser Stelle zu nennen. Die im Jahr 1969 in Kraft getretenen Gesetze zur Neugliederung der Landkreise Kleve und Geldern führten zu einer Verlagerung von politischen Themenkomplexen. Der damalige Kreis Geldern, mit einem eigenen Museum, und der Kreis Kleve wurden zum neuen Kreis Kleve zusammengeführt und umstrukturiert, so dass das Museum in Geldern aufgelöst wurde und bedeutende Sammlungen zur Geschichte der Region nach Kevelaer verlagert wurden. Organisatorisch und politisch wurde damit der kulturelle Schwerpunkt des neuen Kreises nach Kevelaer verlegt. Auch wenn das Niederrheinische Museum kein Kreismuseum ist, sondern durch einen Verein betreut wird, sind die finanziellen und personellen Bezüge eine besondere Konstellation mit geschichtlichem Hintergrund. Der Landrat bzw. die Landrätin stellt den Vorsitz im Betreiberverein. Weitere Mitglieder im Vorstand sind der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin der Wallfahrtsstadt Kevelaer, der Vorsitzende bzw. die Vorsitzende des Vereins für Museumsförderung und eine weitere Person aus Kreisverwaltung Kleve.
Sammlungsgeschichte
Die bereits kurz angerissenen geschichtlichen und politischen Hintergründe hatten oftmals ihren Einfluss auf die Sammlungsgeschichte, welche eine absolute Besonderheit darstellt. Während die meisten Museen einen Themenschwerpunkt besitzen, zum Beispiel ihren Fokus auf Moderne Kunst legen oder eine naturwissenschaftliche Sammlung ausstellen, ist dies in Kevelaer nicht der Fall. Das Niederrheinische Museum entwickelte sich von einem kleinen Heimatmuseum zu einem der größten Museumsbauten am Niederrhein mit verschiedensten kunst- und kulturhistorischen Themen.
Die Anfänge liegen in der Sammlung des Gründungsmitglieds des Vereins für Museumsförderung, Heinrich Holtmann, und weisen vor allem Objekte zur Wallfahrtsgeschichte in Kevelaer und zur Heimatgeschichte der umliegenden Ortschaften auf. Sie stehen damit in einem direkten Bezug zur Geschichte des Vereins für Museumsförderung. Diese anfängliche Sammlung wurde durch einzelne Schenkungen über viele Jahre erweitert und durch Sammlungen naturwissenschaftlicher Herkunft vergrößert. Auch erdgeschichtliche Funde der niederrheinischen Region sowie frühere Kulturen wie die der Römer und Franken fanden ihren Weg ins Museum. Die nächste größere Sammlung, die sukzessiv erweitert wurde, ist die niederrheinische Irdenware. Über die Jahre kamen zahlreiche kulturhistorische Einzelobjekte hinzu, die noch heute ausgestellt werden.

Spielzeugsammlung von Juliane Metzger.
Quelle: NMK
Auch weitere größere Sammlungen wurden zu Ausstellungszwecken in den Bestand des Museums übernommen. Zu nennen sind unter anderem die Handwerkergassen, die Wachssammlung Bergs, die Keramiksammlung Müllejans, die adelige Sammlung van Afferden oder aber der Ankauf der Spielzeugsammlung von Juliane Metzger. Mit der Neugliederung des Kreises kam zudem die Sammlung des Geometers Michael Buyx mit wichtigen Dokumenten und Landkarten zur Region hinzu. Doch die soeben aufgeführten Beispiele zeigen nicht ansatzweise auf, welche kunst- und kulturhistorischen Besonderheiten dieses Museum besitzt. Jedoch zeigt es, wie vielfältig und facettenreich die Ausstellungs- und Depotflächen sind. Die letzte große und bedeutende Schenkung war die Sammlung der Eheleute Georg und Eva Ratermann.

Sammlung der Eheleute Georg und Eva Ratermann
Quelle Gottfried Evers
Diese ist aus kunsthistorischer Sicht eine große Bereicherung, da Werke namhafter Künstler und Künstlerinnen in den Besitz des Vereins für Museumsförderung übergegangen sind. Otto Mueller, Theodor Rocholl oder aber Wilhelm Lehmbruck dürfen nun am unteren Niederrhein bestaunt werden. Denn noch heute bilden die Objekte des 1910 gegründeten Vereins einen Grundstock der Sammlungen.
Museumstätigkeit
Die Leitungen des Niederrheinischen Museums haben über die Jahre hinweg unterschiedliche Schwerpunkte ihres Handelns gesetzt. Seit dem Jahr 2018 wird neben einer Modernisierung der Gebäude vor allem Wert auf die Aufarbeitung der Sammlungen und ihrer adäquaten Unterbringung gelegt. Dies wird auch langfristig ein Schwerpunkt bleiben, um die Dauerausstellungen zukunftsorientiert und nachhaltig für die Region und den Kreis Kleve zu gestalten. Damit gehen auch zeitgemäße Vermittlungsangebote einher, die alle Bürgerinnen und Bürger ansprechen sollen, denn die Erhaltung und Förderung von Kunst und Kultur ist der ureigenste Auftrag des Niederrheinischen Museums in Kevelaer.
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| Veronika Kaenders Quelle: David Simon |
