Den Tourismus zurück auf die Erfolgsspur bringen

16. Mai 2022: von Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

Die vergangenen zwei Jahre haben Wirtschaft und Gesellschaft gefordert und belastet. Branchenübergreifend hat die Corona-Pandemie erhebliche Probleme, teils von existenzieller Dimension, verursacht. Der Tourismus war und ist einer der von den pandemiebedingten Einschränkungen und Umsatzausfällen am stärksten betroffenen Sektoren.
Die Hoffnung auf eine weniger herausfordernde postpandemische Zeit hat sich nicht erfüllt: Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine schafft unermessliches menschliches Leid. Die Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und unser tägliches Leben lassen sich schwer abschätzen. Auch der Tourismus könnte, etwa durch Preissteigerungen oder ein verändertes Buchungsverhalten der Reisenden, beeinflusst werden.
Im Angesicht der Krisen bleibt aber richtig, was auch vorher sinnvoll war: notwendige Veränderungsprozesse, allem voran die digitale Transformation, zu beschleunigen und die Kooperation aller Akteure zu stärken. Die bereits vorhandenen und belastbaren Ansätze und Strukturen gilt es, im Sinne einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Wirtschaft und des Standortes Nordrhein-Westfalen weiter voranzubringen.
Neben den akuten Krisen bleiben die permanenten Herausforderungen bestehen und fordern ebenfalls Bearbeitung: Der Pfad hin zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Gesellschaft ist auch vom Tourismus-Sektor zu beschreiten, der von den mit dem Klimawandel verbundenen Veränderungen zudem unmittelbar berührt wird. Auch die zweite große Transformationsaufgabe unserer Zeit fordert die Branche: Die Digitalisierung stellt nach wie vor eine der großen Herausforderungen dar. Gerade während der Pandemie hat sich gezeigt, wie hilfreich, ja geradezu unabdingbar, digitale Methoden und Anwendungen für die Branche sind.
Als Land werden wir die Tourismusbranche mit ihren zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch die touristischen Destinationen Nordrhein-Westfalens dabei unterstützen, sich für die Zukunft fit zu machen. Dabei gilt es, den Blick auf grundlegende Themen und Megatrends zu richten und die Branche wettbewerbsfähig und resilient gegenüber möglichen zukünftigen Krisen aufzustellen. Zu den vorrangigen Zielen gehört es, die Gästezahlen wieder zu steigern, die Wertschöpfung zu erhöhen und die Lebensqualität in Nordrhein-Westfalen zu sichern.
Mit der 2019 vorgelegten Landestourismusstrategie wurde die nordrhein-westfälische Tourismuspolitik neu ausgerichtet und an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Der Fokus der Strategie liegt auf den mit den Schlagworten „vernetzt, digital, innovativ“ verbundenen Anforderungen.
Zusammen mit dem Landestourismusverband Tourismus NRW e.V. setzen wir die durch die neue Landestourismusstrategie definierten Schritte zur Neuausrichtung des Tourismus kontinuierlich um. Zudem haben wir spezielle Förderprogramme aufgelegt, die den Unternehmen und Tourismusregionen Wege aus der Pandemie aufzeigen und diese dabei unterstützen, die Krisenfolgen zu bewältigen.
Im Rahmen der Landestourismusstrategie wurden die potentialstärksten Zielgruppen für das Land Nordrhein-Westfalen anhand der sogenannten „SINUS-Milieus“ identifiziert. Der Landestourismusverband vermarktet die nordrhein-westfälischen Angebote seitdem im Rahmen eines Themen-Zielgruppen-Marketings passgenau abgestimmt auf diese Gruppen. Das Wirtschaftsministerium fördert den Tourismus NRW e.V. mit rund drei Millionen Euro jährlich institutionell; hinzu kommen Sonderförderungen für besondere Einzelprojekte.
Insbesondere die Digitalisierung wird für die Betriebe und Organisationen der Tourismusbranche von zentraler Bedeutung sein. Auch die Landestourismusstrategie stellt die digitale Transformation für alle Partner im „System Tourismus NRW“ in den Mittelpunkt. Im Rahmen des Starterprojektes „Touristisches Datenmanagement – offen, vernetzt, digital“ werden durch den Tourismus NRW e.V. wichtige Schritte in Richtung Digitalisierung umgesetzt, u.a. der Aufbau eines landesweiten touristischen Daten-Hubs, ein abgestimmtes Daten-Management sowie gemeinsame Datenbanken und Schnittstellen aller Akteure.
Deutlich wurde durch die Pandemie auch die Relevanz digitaler Kompetenzen für die gastgewerblichen Betriebe. Die Sonderförderproqramme „NRW-Digitalzuschuss für die gastgewerbliche und touristische Wirtschaft“ und „Digitalcoaches im Gastgewerbe“ können genutzt werden, um den Ausbau digitaler Fähigkeiten und Technik im eigenen Unternehmen voranzubringen. Beide Programme werden rege nachgefragt. Das zeigt, dass hier an der richtigen Stelle angesetzt wurde.
Auch mit der Umsetzung der Vorhaben im Rahmen des Förderprogrammes REACT-EU in den Regionen und beim Tourismus NRW e.V. wird die digitale Transformation vorangetrieben. Das Programm wurde geschaffen, um die negativen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie abzumildern und starke, zukunftsfähige Destinationen zu bilden.
Auf der Agenda steht ebenso die notwendige Anpassung der touristischen Infrastruktur und des touristischen Angebotes an die Folgen des Klimawandels. Das Gutachten „Tourismus und Klimawandel in NRW – Chancen und Perspektiven“, das im Frühjahr präsentiert wurde, trägt zu einer nachhaltigen Tourismusentwicklung bei. Mit den in der Studie vorgestellten konkreten, schwerpunktmäßig den touristischen Themen und Landschaftsräumen in unserem Land zugeordneten Handlungsempfehlungen erhalten die Akteure passgenau die für sie relevanten Werkzeuge.
Ein weiterer Schwerpunkt nordrhein-westfälischer Tourismuspolitik liegt auf dem geplanten Projektaufruf „Erlebnis.NRW“. Mit diesem Wettbewerb des EFRE.NRW werden insbesondere die touristischen, kulturellen und naturräumlichen Attraktionen gefördert. Dabei sollen touristische Highlights und Besuchermagnete geschaffen, in Wert gesetzt und angepasst werden. Zentrale Themen stellen Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Authentizität und Qualität dar. Der Start des Aufrufes ist für den Herbst vorgesehen.
Die GRW-Förderung (Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsförderung) für Projekte der touristischen Basisinfrastruktur wird in Zukunft für Nordrhein-Westfalen noch umfangreicher möglich sein. Sowohl das Fördervolumen als auch die Gebietskulisse, also die Anzahl der förderberechtigten Kommunen, wurden für die aktuelle Förderperiode deutlich ausgeweitet.
Die REGIONALEN bieten ausgewählten Regionen die Möglichkeit, bevorzugt ihre Projekte – darunter traditionell zahlreiche Tourismusvorhaben – voranzutreiben. Die REGIONALE 2022 in Ostwestfalen-Lippe befindet sich bereits im sogenannten „Präsentationsjahr“ und kann erste Projektergebnisse der Öffentlichkeit vorstellen. Die REGIONALEN 2025 in Südwestfalen und dem Bergischen Rheinland stehen in den Startlöchern. Erste vielversprechende Projektideen aus dem Bereich Tourismus sind bereits vorhanden und werden nun weiter ausgearbeitet.
Das Rheinische Revier ist, neben dem Ruhrgebiet, die Strukturwandel-Region in Nordrhein-Westfalen. Dort bieten sich einmalige Chancen, durch eine gezielte touristische Entwicklung zum Vorreiter für einen nachhaltigen, klimafreundlichen Tourismus zu werden.  Erste vielversprechende Maßnahmen befinden sich im regionalen Qualifizierungsprozess. Eine gesamtregionale Tourismusstrategie für das Rheinische Revier soll in den nächsten Monaten entwickelt werden. Sobald diese in den Grundzügen vorliegt, wird das Land einen Förderaufruf für touristische Projekte auflegen.
Auch eine weitere, große Herausforderung, der sich die Branche wie viele andere Sektoren gegenübersieht, ist der Arbeits- und Fachkräftemangel. Schon seit langem ein Problem speziell für die Gastronomie und Beherbergung, hat sich die Situation im Rahmen der pandemiebedingten Einschränkungen besonders in den gastgewerblichen Betrieben noch einmal deutlich verschärft. Um hier entgegenzuwirken und der weiteren Abwanderung von qualifiziertem Personal in andere Branchen vorzubeugen, sind integrierte Projekte aller Beteiligten erforderlich.
Gerade wenn die postpandemische Zeit uns weiter fordert, müssen wir die positiven, die resilienzstärkenden und damit Optimismus vermittelnden Aspekte in den Blick nehmen. Für den Tourismusbereich sind dies die besondere Kraft und Stärke, die aus den Regionen und den touristischen Unternehmen selbst kommt. Um den Tourismus zurück auf den Erfolgskurs aus Vor-Corona-Zeiten zu bringen, ist vor allem das Netzwerk der Branche eine zuverlässige und belastbare Basis. Den regelmäßigen Austausch der Akteure gilt es fortzusetzen, um die Lage der Tourismuswirtschaft fortlaufend im Blick zu haben und neue Entwicklungen zu diskutieren.
Mit den skizzierten Maßnahmen und den engagierten Akteuren in unserem Land verfügen wir über ein breites Spektrum an Instrumenten, um den nordrhein-westfälischen Tourismus in den kommenden Monaten und Jahren nicht nur wiederzubeleben, sondern zu neuer Kraft, Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit zu führen.


Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart
Quelle: MWIDE/E. Lichtenscheidt