Die Jahrhundertflut im Rhein-Sieg-Kreis

07. Juli 2022: Von Antonius Nolden, Pressestelle, Rhein-Sieg-Kreis

Am Mittwoch, den 14. Juli 2021, regnete es auch im Rhein-Sieg-Kreis den ganzen Tag. Innerhalb von 24 Stunden fielen stellenweise 100 bis 150 Liter Regen pro Quadratmeter. Die Wassermassen ließen Bäche und Flüsse über die Ufer treten und zu reißenden Strömen werden. Vor allem im linksrheinischen Kreisgebiet verloren viele Menschen ihr Haus oder ihre Wohnung sowie ihr Hab und Gut, es gab zahlreiche Verletzte und 9 Tote im Zusammenhang mit dem Unwetter.

In den ersten 24 Stunden gingen mehr als 12.000 Anrufe in der Leitstelle des Rhein-Sieg-Kreises im Kreishaus in Siegburg ein. Das waren nicht nur Notrufe über die „112“ – die Menschen versuchten auch auf anderen Leitungen die Leitstelle zu erreichen. Zum Vergleich: An einem normalen Tag mitten in einer Arbeitswoche sind es im Durchschnitt rund 1.000 Anrufe, inklusive der Notrufe.


Schäden an der kommunalen Infrastruktur.
Quelle: Rhein-Sieg-Kreis

Großeinsatzlage im Kreisgebiet
Die Verantwortlichen in der Kreisverwaltung erkannten diese außergewöhnliche Situation und handelten: Ingo Freier, Leiter des Amtes für Bevölkerungsschutz, aktivierte den Krisenstab, Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg löste Vollalarm für das Kreisgebiet aus. Um 19:45 Uhr rief der Kreisbrandmeister die Großeinsatzlage aus und übernahm damit die Leitung des Einsatzgeschehens. Jetzt ging es darum, die Unterstützung der Kräfte vor Ort sicher zu stellen.

„Das Problem: Die komplette Kommunikationsinfrastruktur zu den von der Flut betroffenen Ortschaften war ausgefallen“ beschreibt Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg die brenzlige Situation in den ersten Stunden. „Zusätzlich waren die Orte durch überflutete Straßen abgeschnitten, die Rettungskräfte kamen nur schwer zu den Wohnhäusern.“

Überflutete Straßen erschwerten den Einsatz der Hilfskräfte. Quelle: Bundespolizei-Flugdienst.

Da der Rhein-Sieg-Kreis bei der Umstellung von analoger auf digitale Funktechnik nicht komplett auf die analoge Technik verzichtet hatte, waren die Verantwortlichen im Siegburger Kreishaus glücklicherweise nach und nach in der Lage, den Kontakt zu den örtlichen Einsatzleitungen herzustellen.

„In den nächsten Stunden und Tagen waren zu Spitzenzeiten bis zu 2.000 Rettungskräfte im Einsatz: Feuerwehren, THW, DLRG, Landespolizei, Bundespolizei, Hilfsorganisationen und Kräfte der Bundewehr. Die Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen dieser Organisationen retteten Menschen und versorgten die Opfer dieser Naturkatastrophe – oft unter Einsatz ihres eigenen Lebens“, erinnert sich Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg.

An den ersten Tagen des Geschehens fanden im Kreishaus in Siegburg mehr als 60 Lagebesprechungen von Einsatzleitung und Krisenstab statt. Hauptaufgabe war die Koordinierung der Maßnahmen der verschiedenen Kräfte.

Aggerdamm und Steinbachtalsperre
In Lohmar-Donrath drohte in der Nacht auf Donnerstag, 15. Juli 2022, ein Damm an der Agger zu brechen. Den Anwohnerinnen und Anwohnern wurde vorsorglich der Aufenthalt in einer Betreuungsstelle angeboten. Breits am Donnerstagmorgen war am Aggerdamm aber wieder so viel Wasser abgelaufen, dass hier Entwarnung gegeben werden konnte.


Höchste Alarmstufe an der Steinbachtalsperre im Kreis Euskirchen.
Quelle: Feuerwehr Sankt Augustin

Weitaus brisanter gestaltete sich die Situation an der Steinbachtalsperre im Kreis Euskirchen an der Grenze zum Rhein-Sieg-Kreis. Die Talsperre war übergelaufen und der Druck auf die Staumauer nahm zu. Wäre die Mauer gebrochen, hätten sich über 1 Milliarde Liter Wasser u.a. in Richtung Swisttal und Rheinbach ergossen und alles mitgerissen.

„Bereits am Mittwochabend und in der Nacht zu Donnerstag gab es erste Evakuierungsmaßnahmen in den betroffenen Gebieten“, sagt Ingo Freier, der Leiter des Amtes für Katastrophenschutz des Rhein-Sieg-Kreises. „Hubschrauber und Boote retteten Menschen, die von den Wassermassen eingeschlossen waren. Viele hatten sich auf die Dächer ihrer Wohnhäuser geflüchtet.“

Anschließend begann die Evakuierung der Ortschaften im Gefährdungsbereich der Steinbachtalsperre: Miel, Essig, Ludendorf und Odendorf in Swisttal sowie Niederdrees und Oberdrees in Rheinbach. In einer ersten Phase holten Hubschrauber der Bundespolizei die Menschen aus ihren Häusern. In der zweiten Phase, nachdem das Wasser einigermaßen zurückgegangen war, kamen Boote der DLRG zum Einsatz, bis in einer dritten Phase sogenannte watfähige Fahrzeuge durch das Wasser bis zu den Gebäuden gelangen konnten. Rund 8.000 Menschen mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen, sie kamen zunächst in Betreuungsstellen der Hilfskräfte unter. Ingo Freier: „Wir haben dann zusätzlich Betten in Hotels und Jugendherbergen organisiert, um die Menschen längerfristig unterzubringen. Denn die Betreuungsstellen sind für einen längeren Zeitraum nicht ausgerichtet.“

Währenddessen arbeiteten Fachleute der Bezirksregierung Köln, des THW, des Kreises Euskirchen und des Betreibers der Talsperre daran, den Wasserdruck auf die Staumauer zu reduzieren. Pumpen waren im Einsatz, um den Wasserspiegel zu senken. Nachdem der verschüttete Grundablass vor der Staumauer wieder freigelegt und geöffnet werden konnte, floss noch mehr Wasser ab.

Am Montagmorgen, 19. Juli 2022, kam die erlösende Nachricht der Bezirksregierung Köln: Die Staumauer hält!

Was sofort getan werden musste …
Sehr früh hatte Landrat Sebastian Schuster gemeinsam mit allen Verantwortlichen Hilfsmaßnahmen des Kreises in die Wege geleitet. Zwei Spendenkonten wurden eingerichtet, auf denen insgesamt über 2,5 Millionen Euro zusammenkamen. Dieses Geld sollte so schnell wie möglich an die Menschen in den betroffenen Gebieten ausgezahlt werden. Verantwortlich für die Verteilung der Gelder war die „Spendenkommission“ unter Vorsitz der Leiterin der neu gegründeten Stabsstelle „Wiederaufbau“, Ursula Thiel, gemeinsam mit den betroffenen Kommunen und der Kreispolitik.

Etwa gleichzeitig stellte das Land NRW Soforthilfen für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Angehörige freier Berufe, Landwirte und Kommunen in Höhe von 200 Millionen Euro zur Verfügung. Besonders betroffene Bürgerinnen und Bürger konnten einen Antrag auf finanzielle Hilfeleistung stellen, der in den betroffenen Kommunen bearbeitet wurde. Für Swisttal sprang der Rhein-Sieg-Kreis als Bearbeitungsbehörde ein, die Gemeinde hatte mitunter die schwersten Schäden erlitten.


Ministerin Scharrenbach in Swisttal: (v.l.n.r.) Swisttals Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner, Ministerin Ina Scharrenbach, Landrat Schuster
Quelle: Gemeinde Swisttal

Als das Land NRW dann die Wiederaufbauhilfe für rund 12,3 Milliarden Euro aus dem Aufbaufonds 2021 ankündigte, unterstützte die Stabsstelle „Wiederaufbau“ die betroffenen Bürgerinnen und Bürger. An vier Standorten und auch mobil vor Ort wurden bis heute mehr als 3.200 Beratungen durchgeführt. Der Kreis half beim Ausfüllen der Online-Anträge, beantwortete Fragen und unterstützte Personen, die selber über keinen Internetzugang verfügten.

Das Unwetter hatte aber nicht nur verheerende materielle Schäden angerichtet, sondern auch zu traumatischen und sehr belastenden Erlebnissen geführt. Für Betroffene gibt es auch heute noch verschiedene psychosoziale Beratungs- und Unterstützungsangebote von Seiten des Kreises. Beispielsweise bietet die schulpsychologische Beratungsstelle des Rhein-Sieg-Kreises für Schulen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler eine psychologische Beratung auch zu diesem Thema an. Und auch die Erziehungs- und Beratungsstellen des Rhein-Sieg-Kreises sind nach wie vor für Hilfesuchende da.

Die Psychiatrie-Koordinatorin des Kreises gibt Hilfestellung, Wohlfahrtsverbände und caritative Verbände bieten darüber hinaus neben den Regelangeboten auch psychosoziale Unterstützung an.

… und in Zukunft getan werden muss
Kommunen wie der Rhein-Sieg-Kreis stehen vor einer herausfordernden Aufgabe: Sie müssen den Hochwasser- und Starkregenschutz verbessern und ausbauen, um auf derartige extreme Wetterereignisse bestmöglich vorbereitet zu sein. Frühwarnsysteme müssen optimiert werden, im Krisenfall muss dann auf Rückfallebenen und Redundanzen zurückgegriffen werden.

Es gilt also, sich auf die Folgen des voranschreitenden Klimawandels so gut wie möglich vorzubereiten.

Der Rhein-Sieg-Kreis hat das schon vor den Ereignissen im Juli 2021 erkannt, Klimaschutz steht dort bereits seit einigen Jahren auf mehreren Säulen. Das klimapolitische Leitbild des Kreises beinhaltet u.a. das „Maßnahmenprogramm Klimaschutz 2025“, die im April 2018 gegründete „Energieagentur Rhein-Sieg“ oder die Zertifizierung des Kreises als Europäische Klimaschutzkommune.

„Hier müssen wir weitere Schritte gehen und zwar überregional und gemeinsam mit dem Land und auch dem Bund“, fordert Landrat Sebastian Schuster. „Denn Katastrophen machen nicht vor kommunalen Grenzen Halt!“

Zu den Maßnahmen Landrat Sebastian Schuster im Interview:


Landrat Sebastian Schuster
Quelle: Rhein-Sieg-Kreis

Herr Landrat Schuster: Wo erreichte Sie am Mittwoch, den 14. Juli 2021, die Nachricht, dass dieses Unwetter den Rhein-Sieg-Kreis schwer getroffen hat?
Ich hatte einen Termin bei der Bezirksregierung in Köln. Mit Regierungspräsidentin Gisela Walsken habe ich mich zum Siegtalradeweg ausgetauscht. Ich bin dann sofort ins Kreishaus nach Siegburg gekommen. Dort war die Lagebesprechung unter Leitung von Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg schon aktiv. Ich habe mir einen Überblick verschafft und Kontakt zu den übergeordneten Behörden aufgenommen, also der Bezirksregierung und der Landesregierung. Darüber hinaus habe ich an der Sitzung des Krisenstabes teilgenommen.

Wie haben Sie den weiteren Abend und die nächsten Tage erlebt?
Alle Beteiligten haben von der ersten Sekunde an hochprofessionell zusammengearbeitet. In der Anfangsphase war unser wichtigstes Ziel, die Menschen zu retten, die von den Wassermassen eingeschlossen waren. Viele hatten sich aus Verzweiflung auf die Dächer ihrer Häuser geflüchtet.
Hier leisteten Kräfte der Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks, der DLRG, der Bundespolizei, der Landespolizei, zahlreicher Hilfsorganisationen und der Bundeswehr Übermenschliches! Diesen Frauen und Männern gilt mein größter Dank und meine höchste Anerkennung. Unter Einsatz ihres eigenen Lebens haben sie bis zur Erschöpfung noch Schlimmeres verhindert.

Und nicht nur sogenannte „Blaulicht-Fraktion“ mit ihren vielen ehrenamtlichen Kräften: Landwirte räumten mit ihren Fahrzeugen Straßen und Häuser frei, Nachbarn organisierten Spendenaktionen für Dinge des täglichen Bedarfs; es gab private Essenausgaben oder Kinderbetreuung; Tausende aus vielen Regionen Deutschlands kamen spontan in den Rhein-Sieg-Kreis oder ins Ahrtal und schippten Schlamm. Auch diesen Freiwilligen gilt mein allerhöchster Respekt und mein größter Dank!

Noch während der Rettungsaktionen haben Sie als Landrat schon den Blick nach vorn gerichtet und zwei Spendenkonten für die Opfer dieser Katastrophe eingerichtet. Wie war die Resonanz?
Überwältigend! Bereits einige Tage nach den Ereignissen sind über eine halbe Millionen Euro zusammengekommen, insgesamt haben die Menschen über 2,5 Millionen Euro gespendet. Ich kann auch heute noch nicht oft genug „Danke“ sagen!
Wir haben von Anfang an dafür gesorgt, dass diese Gelder möglichst schnell und möglichst unbürokratisch die Leute erreichen. Gemeinsam mit der Kreispolitik und den betroffenen Kommunen wurden sie von einer Spendenkommission verteilt.

Sie haben dann sehr zügig die neue Stabsstelle „Wiederaufbau“ ins Leben gerufen. Warum eine eigene Abteilung?
Das konnten die Mitarbeitenden aus den anderen Ämtern nicht „nebenbei“ machen. Schließlich gab es auch noch Corona - Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen der Verwaltung waren noch ins Gesundheitsamt abgeordnet, um dort zum Beispiel die Kontaktpersonennachverfolgung zu gewährleisten. Die Kreisverwaltung befand sich in einem doppelten Krisenmodus!
Ich wollte aber so schnell wie möglich sichtbare Hilfen für die Menschen erreichen und signalisieren, dass der Rhein-Sieg-Kreis seine Bürgerinnen und Bürger nicht im Stich lässt. Viele Opfer hatten nichts mehr, hier musste unmittelbar etwas geschehen! Der Wiederaufbau musste also an einem Ort gebündelt werden, um die Unterstützungsleistungen des Kreises optimal zu koordinieren.
Deswegen habe ich auch am vierten Tag danach den Katastrophenfall festgestellt. Dies war kein Indiz für eine Verschärfung der Lage, sondern eine perspektivische Entscheidung für den Wiederaufbau. Um diesen optimal bewältigen zu können, war ein enges Zusammenwirken der administrativen Bereiche erforderlich. Die Verzahnung aller Akteure war dadurch am besten gewährleistet.

Bleiben wir in der Zukunft: Welche Lehren und Konsequenzen ziehen Sie als Landrat des Rhein-Sieg-Kreises aus den Erfahrungen des Sommers 2021?
Katastrophen machen keinen Halt vor kommunalen Grenzen.
Daher müssen wir überregional besser zusammenarbeiten. Wir müssen den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz verbessern, indem wir beispielsweise Gefahrenpunkte bei Starkregen oder Hochwasser identifizieren. Dann können wir daraus passende Alarmpläne entwickeln und insgesamt die Krisenstäbe und Entscheidungsebenen besser auf Katastrophen vorbereiten und Redundanzen schaffen. Die Rettungskräfte sprechen hier davon, „vor die Lage zu kommen“.
Einer der ersten Schritte bei uns im Rhein-Sieg-Kreis ist zum Beispiel die Zusammenarbeit mit einem Wetterdienst aus Bonn. Zusätzlich zu den amtlichen Unwetterwarnungen liefert uns dieser Dienst bei extremen Wetterereignissen eine fachliche lokale Einschätzung. So können wir zusammen mit den 19 Städten und Gemeinden im Kreis geeignete Maßnahmen ergreifen.
Darüber hinaus wird der Kreis in Abstimmung mit den kreisangehörigen Kommunen mit der Entwicklung eines Starkregen-Risikomanagements beginnen. Wir wollen eine kreisweite Gefahrenkarte, die für verschiedene Starkregen die Folgen und Risiken für alle Flächen beinhaltet und darüber hinaus Handlungsempfehlungen für alle Akteure enthält.
Nur gemeinsam mit allen Verantwortlichen auf allen Ebenen können wir uns auf derartige Wetterereignisse einstellen und unser Möglichstes tun, Leib und Leben aller zu schützen.

Und was bisher im Rhein-Sieg-Kreis geschah:

Stabsstelle „Wiederaufbau“: Das Leben kommt zurück
„Jetzt muss der Wiederaufbau beginnen“, sagte Sebastian Schuster wenige Tage nach den schrecklichen Ereignissen. Angesichts der Zerstörungen in den betroffenen Gebieten gründete der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises innerhalb der Kreisverwaltung einen eigenen Fachbereich, die schnell und effizient diese Aufgabe anging: die Stabsstelle „Wiederaufbau“.

Stabsstellenleiterin Ursula Thiel hatte in den ersten Tagen ihres neuen Amtes kaum Zeit, ihr neues Büro im Siegburger Kreishaus einzurichten. Ununterbrochen besuchte sie die betroffenen Ortschaften, nahm an Bürgerversammlungen teil, sprach mit privaten und offiziellen Helferinnen und Helfern sowie mit Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen, Behörden oder der lokalen Politik.

„Von Anfang an habe ich auf Vernetzung und Dialog gesetzt“, erinnert sich Ursula Thiel. „Welche Hilfsangebote gibt es bereits, wo gibt es Koordinierungsbedarf, wen können wir wie zusammenbringen.“ Thiel und ihr Team steuerten als Ansprechpartnerinnen Bürgeranfragen an den Kreis und fungierten als Mittlerinnen zwischen der Bürgerschaft und den Fachbereichen in der Kreisverwaltung, hielten intensiven Kontakt zu Ehrenamtlichen, Hilfsorganisationen, Verbänden und übergeordneten Behörden.

Vor Ort wurden Anlaufstellen eingerichtet, an denen Freiwillige und Mitarbeitende der Kommunen jederzeit ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Menschen hatten. Diese Anlaufstellen werden heute noch aufgesucht. „Ohne die Ehrenamtlichen geht es nicht“, sagt Thiel. „Die Hilfsbereitschaft, die Solidarität der Menschen und der gesellschaftliche Zusammenhalt waren und sind beeindruckend.“

Steuerung der finanziellen Hilfen
Kurz nach der Flut stellte die Landesregierung unbürokratische und schnelle Soforthilfen in Höhe von 200 Millionen Euro für von der Unwetterkatastrophe Betroffene bereit. Anträge auf Auszahlung von Soforthilfen in Höhe von 15 Millionen Euro wurden allein im Rhein-Sieg-Kreis gestellt.

Auszahlung der Soforthilfe an Unternehmen.
Quelle: Rhein-Sieg-Kreis

Auszahlung der Soforthilfe an Privatpersonen.
Quelle: Rhein-Sieg-Kreis

Der Rhein-Sieg-Kreis erklärte sich bereit, für die Gemeinde Swisttal die Bearbeitung der Soforthilfen des Landes zu übernehmen, da die Gemeinde im Kreisgebiet auch in der kommunalen Infrastruktur mitunter am schwersten betroffen war.

Nur zwei Tage nach den Ereignissen rief Landrat Sebastian Schuster zwei Spendenkonten ins Leben. Ursula Thiel übernahm den Vorsitz der Spendenkommission, die die Gelder verteilte. „Gemeinsam mit den Kommunen und der Kreispolitik haben wir über 2,5 Millionen Euro Spendengelder weitergeben können“, so Thiel. „An dieser Stelle möchte auch ich mich ganz herzlich bei den vielen Spenderinnen und Spendern bedanken! Jeder Cent wurde dringend benötigt!“

Hier werden Sie beraten
Der Rhein-Sieg-Kreis erkannte schnell, dass einige Menschen in den Flutgebieten mit den Anträgen zum Aufbauhilfeprogramm des Landes überfordert waren. Erst Recht mit Blick auf die emotionale Ausnahmesituation, in der sie sich befanden. Die Stabsstelle „Wiederaufbau“ richtete sofort vier Standorte ein, an denen inzwischen mehr als 3.700 Beratungen zur Antragstellung stattfanden, aktuell sind es immer noch zwischen 80 und 100 Beratungen pro Woche.

Der Kreis half hier auch bei ganz handfesten Problemen: Einige Betroffene hatten keinen Internetanschluss oder überhaupt eine E-Mail-Adresse. Da das Land die Antragstellung aber nur online ermöglichte, hatte der Kreis hier unbürokratisch Lösungen geschaffen.

„Manchen Personen mussten wir auch die Scheu nehmen, staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen“, resümiert Stabsstellenleiterin Ursula Thiel. „Betroffene kamen deprimiert zu uns und gingen nach den Gesprächen mit einem Lächeln wieder nach Hause. Heute ist es schön zu sehen, dass das Leben zurückkommt.“


Antonius Nolden
Quelle: Rhein-Sieg-Kreis