Individuelle Begleitung und Förderung in Kooperation – Initiativen zur Stär-kung der dualen Ausbildung im Kreis Herford

12. Oktober 2021: Von Anna Butenuth, Projektleitung Kommunale Koordinierung, Kreis Herford
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Der erfolgreiche Übergang von der Schule in die Ausbildung bzw. in den Beruf sowie die Förderung der dualen Ausbildung stellen im Kreis Herford zentrale Schwerpunktziele dar. Durch die Zusammenarbeit und Vernetzung mit den langjährigen Kooperationspartnern wird eine gemeinsame Strategie zur Gestaltung des Überganges entwickelt, bearbeitet und ergänzt. Nicht zuletzt durch das Landesprogramm „Kein Abschluss ohne Anschluss (KAoA)“ haben sich Initiativen ergeben, die durch die Ergänzung von kreiseigenen Programmen, die hohe Wirksamkeit der individuellen Begleitung von Jugendlichen sowie die besondere Relevanz von funktionierenden Kooperationsstrukturen zeigen.

Die Gestaltung der verschiedenen Übergänge entlang der Bildungsbiographie hat im Kreis Herford genauso wie die Zusammenarbeit mit und die Vernetzung von zentralen Akteurinnen und Akteuren eine lange Tradition. Der Übergang von der Schule in die Ausbildung sowie die Förderung der Ausbildung haben dabei von Beginn an eine zentrale Rolle gespielt.
Die Einführung des Landesprogramms „Kein Abschluss ohne Anschluss (KAoA)“ im Kreis Herford im Jahr 2014 stellte daher eine gute Ergänzung der bisherigen Arbeit im Bildungsbüro dar. Der frühzeitige Start der Berufsorientierung in den allgemeinbildenden Schulen ab der achten Jahrgangsstufe, die Weiterentwicklung des Übergangssystems sowie die Stärkung der dualen Ausbildung haben den erfolgreichen Übergang nach der Schule in die Ausbildung oder andere Anschlussangebote zum Ziel. 
Die Erfahrung zeigt aber, Ideen und Konzepte können nur dann erfolgreich sein, wenn sie die entsprechende Zielgruppe erreichen. Das sind in diesem Fall die Jugendlichen, die vor einer ihrer größten Entscheidungen und damit verbundenen Fragen stehen: Was mache ich nach dem Schulabschluss? Was benötige ich hierfür? Wer hilft mir?
Im Folgenden werden drei Initiativen vorgestellt, die den Fokus auf die Jugendlichen legen und sich dadurch als besonders erfolgreich erwiesen haben.

„+25 / Ausbildungsprogramm NRW“ – Kreisausbildungsprogramm
Über das „Ausbildungsprogramm NRW“ konnten im Kreis Herford mit Beginn des Schuljahrs 2018/2019 zunächst pro Durchgang 36 und im Schuljahr 2020/2021 dann 24 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden. Bereits vor dem Landesprogramm gab es die Überlegung aufgrund der vergleichsweise schlechten Relation von Bewerberinnen und Bewerbern zu Ausbildungsstellen mit Kreismitteln 25 zusätzliche Ausbildungsplätze (+25) zu schaffen. Unter Beteiligung aller relevanten Akteurinnen und Akteure wurden diese beiden Initiativen zusammengeführt. Konkret bedeutet dies, dass der Kreis Herford die Umsetzung des Ausbildungsprogramms mit zusätzlichen Mitteln unterstützt. Im sogenannten Kreisausbildungsprogramm wird durch den Zuschuss in Höhe von 2.500 € pro Platz mit zusätzlichen Angeboten die Kompetenzentwicklung der Jugendlichen gefördert und die Betreuung sowohl der Jugendlichen als auch der Betriebe intensiviert.
Die positiven Erfahrungen sowie die gute Kooperation der zentralen Akteure, d. h. in diesem Fall vor allem der Agentur für Arbeit, des Jobcenters, der Jugendhilfe Schweicheln e. V. als Träger der Maßnahme und des Kreises Herford, bildeten die Grundlage, um kurzfristig für das Schuljahr 2020/2021 mit eigenen Mitteln des Kreises die 24 Plätze des Ausbildungsprogramms NRW zu verdoppeln. Damit standen in diesem Jahr insgesamt 48 zusätzliche Plätze zur Verfügung, von denen 44 dauerhaft besetzt werden konnten. Alle Beteiligten sind sich einig, dass damit in der schwierigen Situation der Pandemie zu einer Stabilisierung beigetragen und mittels der zusätzlichen Beratung Betriebe und Jugendliche zusammengebracht werden konnten.[1]
Nachdem das Land NRW das Ausbildungsprogramm fortführt, werden im Schuljahr 2021/2022 nochmals insgesamt 12 zusätzliche Plätze durch das Kreisausbildungsprogramm geschaffen.

 „Erfolgreich in die Ausbildung“ und „Abschluss statt Abbruch“ – Ausbildungscoaches an den kreiseigenen Berufskollegs
Der Einsatz von Ausbildungscoaches in den kreiseigenen Berufskollegs begann bereits im Schuljahr 2016/2017 am Friedrich-List-Berufskolleg über das von der Osthushenrich-Stiftung finanzierte Projekt „Erfolgreich in die Ausbildung“. Aufgrund des Erfolgs wurde es zum Schuljahr 2019/2020 in der Verantwortung des Kreises Herford fortgeführt. Seit dem Schuljahr 2021/2022 gibt es an vier Berufskollegs Ausbildungscoaches im Rahmen von „Erfolgreich in Ausbildung“.
Das Ziel ist die Vermittlung von Schülerinnen und Schülern der Berufsfachschulen, die ihren Hauptschulabschluss und/oder Realschulabschluss erwerben möchten, in eine duale Ausbildung. Dabei handelt es sich um Jugendliche, die diverse Vermittlungshemmnisse haben und es dadurch schwer haben, den Übergang von der Schule erfolgreich in eine Ausbildung zu schaffen. Sie benötigen eine individuelle Unterstützung, um die Anforderungen der betrieblichen Abläufe und des Berufsalltags bewältigen zu können.
Generell sind die Ausbildungscoaches in das jeweilige Berufskolleg eingebunden und stehen damit für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für Lehrkräfte vor Ort als zentrale Ansprechperson zur Verfügung. In der individuellen Begleitung übernehmen die Coaches während des Schuljahrs die Steuerung des gesamten Bewerbungsprozesses. Im Schwerpunkt liegen die Aufgaben in der Berufsorientierung durch eine Stärken-/Schwächenanalyse, der Formulierung von Berufszielen und der Festlegung geeigneter Berufsbilder sowie in der Erstellung eines individuellen Bewerbungskonzeptes, das die Unterstützung bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen, die Überprüfung der Bewerbungsaktivitäten und auch den direkten Kontakt zu Betrieben, Kammern und der Agentur für Arbeit beinhaltet.
Durch den Einsatz der Ausbildungscoaches konnte an drei beteiligten Berufskollegs die Vermittlungsquote in eine Ausbildung deutlich gesteigert werden[2]. So liegt sie nun konstant bei 40 %. Dies war Anlass genug, um über das erneut von der Osthushenrich-Stiftung geförderte Projekt „Abschluss statt Abbruch“ auch am Wilhelm-Normann-Berufskolleg einen Ausbildungscoach zu etablieren. Im Hinblick auf den Bedarf der Schule liegt der Fokus hier aber vor allem auf der Vermeidung von Abbrüchen in den Fachklassen des dualen Systems.

Berufseinstiegsbegleitung – individuelle Begleitung an allgemeinbildenden Schulen
Nicht zuletzt ausgehend von den Erfahrungen in den Berufskollegs soll auch die individuelle Begleitung in den allgemeinen Schulen weiter ausgebaut werden. Hier sollen keine neuen Angebote aufgebaut werden, sondern auf bewährte Elemente zurückgegriffen und die Kooperation mit der Agentur für Arbeit in der Umsetzung von Maßnahmen weiter intensiviert werden.
Den Anknüpfungspunkt bietet hier die Berufseinstiegsbegleitung. Sie richtet sich an Schülerinnen und Schüler ab der Vorabgangsklasse, die einen Haupt- oder Förderschulabschluss anstreben und nach ihrem Schulabschluss eine duale Ausbildung beginnen möchten. Durch die individuelle Begleitung über zwei bis drei Jahre, können die Schülerinnen und Schüler ihre Chancen auf einen erfolgreichen Übergang in eine duale Ausbildung deutlich verbessern bzw. eine passgenaue Anschlusslösung finden. Die Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter arbeiten unmittelbar in den zugewiesenen Schulen und übernehmen – angepasst an die jüngere Zielgruppe – ähnliche Aufgaben wie die Ausbildungscoaches in den Berufskollegs.
Das Programm wird im Kreis Herford seit vielen Jahren erfolgreich durchgeführt. Die Vermittlungsquote liegt bei ca. 80 %. Gleichzeitig reichen die Plätze nicht aus, um den Bedarf zu decken. Deshalb soll die Anzahl durch eine Ko-Finanzierung des Kreises erhöht werden. Die längerfristige Umsetzung ist allerdings erst ab dem 01.02.2022 möglich. Deshalb wurde mit allen Beteiligten, d. h. in diesem Fall mit der Agentur für Arbeit und dem Fachwerk Minden e. V. bzw. der CompetenzWerkstatt gGmbH als Träger der Berufseinstiegsbegleitung im Kreis, eine Zwischenlösung vereinbart, um schon jetzt die besonders von der Corona-Pandemie betroffenen Jahrgänge zu unterstützen. Sie orientiert sich bereits an der Berufseinstiegsbegleitung, ist aber gleichzeitig an die besonderen Bedingungen angepasst. Damit können seit April 2021 statt der bislang 7 bereits 10 Schulen von dem Angebot profitieren.

Initiieren – Kooperieren - Kommunizieren
Zur Erreichung eines Ziels bedarf es nicht immer einer neuen Idee, sondern die Zusammenarbeit von verschiedenen Kooperationspartnern, die gemeinsam auf bestehende Angebote aufbauen und Initiative zeigen. Vor dem Hintergrund einer großen Angebotslandschaft sind klare Absprachen und die Entwicklung von Strategien wichtig. Dabei darf die Zielgruppe – in diesem Fall die Jugendlichen im Übergang – nicht aus dem Blick verloren werden. Auch vor diesem Hintergrund widmet sich der Kreis Herford intensiver der Partizipation von Jugendlichen.
Das Bildungsbüro des Kreises Herford und insbesondere die Kommunale Koordinierung sieht sich in der Pflicht, die relevanten Akteure zusammenzubringen – die Koordinierungsgruppe Schule-Beruf, die Übergangskonferenz sowie Matching-Gruppe sind Beispiele dieser Netzwerkarbeit.


Anna Butenuth
Quelle: Kreis Herford

[1] Weitere Informationen: „Hand in Hand zu einem ausgeglichenen Verhältnis auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Herford“ in: G.I.B.INFO 2_20, Gute Arbeitswelt NRW: Gestaltungsansätze und Ziele, Mai 2020, S. 14 - 15.
[2] Aufgrund des Projektstartes am Anna-Siemsen-Berufskolleg zum 01.08.2021, können hier noch keine Vermittlungsquoten genannt werden.