Krisenmanagement durch „ÖGD-Feuerwehr“ im Kreis Recklinghausen
Der Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst hat die Möglichkeit geschaffen, in den Gesundheitsämtern einen erheblichen Personalaufwuchs zu realisieren. Durch die Pandemie wurde deutlich, dass die Gesundheitsämter sowohl personell als auch technisch und digital besser ausgestattet werden müssen. Auch das Gesundheitsamt des Kreises Recklinghausen hat von dem Pakt-ÖGD profitiert. Insgesamt konnten 33 neue Stellen, verteilt über alle Bereiche, geschaffen werden.
Krisenmanagement als Schlüssel zur erfolgreichen Krisenbewältigung
Das Krisenmanagement im Gesundheitsamt spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung von gesundheitlichen Krisensituationen in der Zuständigkeit des ÖGD. Als spezialisierte Behörde ist das Gesundheitsamt nicht nur für die Prävention von Krankheiten verantwortlich, sondern auch für die schnelle und koordinierte Reaktion auf Gesundheitskrisen, sei es durch Epidemien, Naturkatastrophen oder andere gesundheitliche Bedrohungen.
Im Kreis Recklinghausen wurde aus diesem Grund ein Krisenmanager speziell für das Gesundheitsamt eingestellt. Seine Aufgabe ist es, das Gesundheitsamt auf besondere Einsatzlagen vorzubereiten, indem er Strukturen innerhalb des Amtes schafft, die es ermöglichen zielgerichtet und schnell auf Krisen reagieren zu können.
In einem solchen Krisenfall ist es erforderlich, nicht nur in der Gesamtverwaltung, sondern auch innerhalb des Gesundheitsamts in eine Sonder- bzw. Stabsstruktur zu wechseln. Im Gesundheitsamt des Kreises Recklinghausen geschieht dieses über den sogenannten lagebasierten Arbeitsstab (LAS). Die Leitung obliegt der Leitung des Gesundheitsamtes. Weiter gehören der Krisenmanager sowie die Leitung des hauptsächlich betroffenen Ressorts zum LAS. Die Aufgabe besteht hier darin, die Lage einzuschätzen sowie strategische Parameter festzulegen. Anschließend koordiniert der Krisenmanager die krisenbedingten Arbeitsaufträge und entwickelt entsprechende Handlungsstrategien.
Das Kriseninterventionsteam (KIT)
Der Krisenmanager leitet im Krisenfall das interne Kriseninterventionsteam (KIT), bestehend aus 32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Paktes ÖGD, und sorgt für die notwendige Schulung und Qualifikation der Teammitglieder. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass das Gesundheitsamt jederzeit handlungsfähig ist.
Das Kriseninterventionsteam (KIT) ist so etwas wie die „Feuerwehr“ im Gesundheitsamt, die unmittelbar für die Bewältigung der Krise zur Verfügung steht.
In Phasen ohne Krise sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KIT Teams in allen Ressorts des Gesundheitsamtes eingesetzt. Voraussetzung für die Besetzung dieser Stellen im Rahmen des Personalaufwuchskonzeptes war, dass das Team für den Einsatz in der Krise sofort zur Verfügung steht und dann nicht mehr für Tätigkeiten im originären Bereich.
Das KIT Team setzt sich aus allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen, die eine „Pakt-ÖGD-Stelle“ bekleiden, d. h. aus Fachleuten unterschiedlichster Qualifikation.
Somit steht z.B. Personal aus den Bereichen Medizin, Apothekenwesen, Gesundheitsmanagement, Sozialarbeit, Verwaltung, Gesundheitsaufsicht oder Krankenhaushygiene für die Krisenbewältigung parat.
Diese Diversität ist ein großer Vorteil, da jedes Teammitglied spezielle Kompetenzen einbringt, die für die Bewältigung unterschiedlicher Aspekte der Krise von Bedeutung sind. Je nach Lage unterstützt das Team entweder das betroffene Ressort oder bearbeitet die Krise direkt.
Ein gut trainiertes Kriseninterventionsteam kann flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren und alle notwendigen Ressourcen mobilisieren. Zusätzlich werden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem KIT darauf vorbereitet, im Akutfall Führungsverantwortung als Teamleitung zu übernehmen, sofern eine Verstärkung durch externes Personal erforderlich wird.
Krisenmanagement im Gesundheitsamt ist nicht nur eine Reaktion auf unerwartete Ereignisse, sondern ein langfristiger Prozess der Vorbereitung. Es handelt sich in dieser Phase um ein Risikomanagement. Nur wenn ein Kriseninterventionsteam regelmäßig geschult und auf verschiedene Szenarien vorbereitet ist, kann es in einer echten Krise effizient und zielgerichtet handeln.
Der Krisenmanager ist für das Training der Teammitglieder verantwortlich. Dieses Training umfasst nicht nur theoretische Inhalte, sondern auch praktische Übungen. Simulierte Krisenszenarien, wie etwa der Ausbruch einer Epidemie oder die Bewältigung eines großen gesundheitlichen Notfalls, ermöglichen dem Team die Abläufe zu üben und zu optimieren.
In diesem Jahr wurde beispielsweise die Havarie eines Kernkraftwerkes und die damit für das Gesundheitsamt verbundenen Aufgaben als Szenario geprobt. Solche Übungen tragen dazu bei, das Vertrauen der Teammitglieder in die eigenen Fähigkeiten zu stärken, Ängste abzubauen und führt als Teambildungsmaßnahme neben der Vermittlung von strategischem und inhaltlichem Wissen zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit in einem tatsächlichen Krisenfall.
Das Team muss regelmäßig trainiert werden, die regelmäßige Durchführung von Schulungen ist unerlässlich. Nur so können Schwachstellen im Krisenmanagement frühzeitig erkannt und behoben werden. Auch die psychische Belastung der Teammitglieder, die in Krisensituationen häufig zu einem Problem wird, sollte durch regelmäßige Unterstützung und Resilienz-Training gemindert werden.
Das Handeln des KIT Teams muss effektiv, zielgerichtet und schnell sein. Die Arbeit des Krisenmanagers umfasst sowohl die strategische Planung als auch die operative Umsetzung von Maßnahmen der Krisenbewältigung innerhalb des Gesundheitsamts. Er sorgt dafür, dass das Team in allen Situationen schnell und effizient reagieren kann, wobei die Koordination der verschiedenen Akteure und die Kommunikation mit anderen Behörden von zentraler Bedeutung sind.
Der Krisenmanager organisiert gemeinsam mit dem Fachdienst Immobilienangelegenheiten die Vorhaltung geeigneter potentieller Räumlichkeiten im Kreis Recklinghausen, die im Bedarfsfall für das in der Krise eingesetzte Personal zur Sachbearbeitung, aber auch zum Beispiel für Impfungen von Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stehen. Diese Räumlichkeiten sind mit einer geeigneten IT-Infrastruktur ausgestattet, da neuentwickelte digitale Technologien im Notfall eingesetzt werden. Ein Grundbedarf an medizinischem Equipment sowie Kühlmöglichkeiten für Medikamente bzw. Impfstoffe wird vorgehalten und vom Krisenmanager verwaltet.
Die festgelegten Krisenstrukturen, Informationen und Alarmierungsabläufe werden im Kreis Recklinghausen in einem internen Krisenhandbuch aufgezeichnet. Neue Erkenntnisse führen zu kontinuierlichen Anpassungen. Ein wichtiger Aspekt der Vorbereitung ist auch die Entwicklung und regelmäßige Aktualisierung von Krisenplänen. Diese Pläne beinhalten detaillierte Anweisungen und Notfallprotokolle für verschiedene Szenarien. Sie helfen dabei, schnelle Entscheidungen zu treffen und die Kommunikation im Krisenfall zu strukturieren.
Der interkommunale Austausch sowie ein Vernetzen auf Landes- sowie Bundesebene sind auch für das Krisenmanagement von hoher Bedeutung. Zum einen erfolgt ein Erfahrungsaustausch, eine Vereinheitlichung von Vorgehensweisen führt jedoch auch zu einer bundesweiten Effizienzsteigerung. So ist der Krisenmanager zum Beispiel Mitglied einer Arbeitsgruppe in einem Bundesverband, in welchem aktuell Maßnahmen und Lösungen für ein Notfall- und Krisenmanagement entwickelt werden.
Das Krisenmanagement im Gesundheitsamt ist komplexer als die Reaktion auf eine Krise. Es kann eine Krise nicht verhindern, verbessert aber die Resilienz des Gesundheitssystems und somit der Bevölkerung.
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| Dr. Jutta Hullmann Quelle: Kreis Recklinghausen |
Maurice Roth |

