Lipper Schul-KulTouren – Kulturelle Bildung im ländlichen Raum

29. Januar 2019: Von Saskia Frei-Klages, Teamleitung Regionales Bildungsnetzwerk, Kreis Lippe

Ein eisiger Wind weht. Erste Schneeflocken fallen. Im dämmrigen Licht eines späten Herbstnachmittags suchen sich 30 engagagierte, in Winterjacken gehüllte lippische Grundschullehrerinnen und -lehrer ihren Weg von der Schule - nicht etwa in ihr warmes Wohnzimmer - sondern in den alten Zug der Landeseisenbahn Lippe. Ihre Mission: Kulturelle Bildung stärken, Kontakte knüpfen und Impulse erhalten. Dafür werden sie sich auch in Zukunft immer wieder auf die Reise begeben. Nur wohin genau, das wissen sie noch nicht.


Der alte Zug der Landeseisenbahn Lippe
Quelle: Kreis Lippe

Heißer Kaffeeduft erfüllt den Speisewagen. Das Licht der Lampen flackert, die Heizung arbeitet auf Hochtouren. Der Charme des in die Jahre gekommenen Zugs und des draußen nun deutlich stärker werdenden Schneegestöbers erschaffen eine fast magische Atmosphäre. So Manchen erfassen Erinnerungen an den Orient-Express. Mit einem gleichmäßigen Rattern und Dröhnen kommt die 2. Lipper Schul-KulTour mit den Themen Mobilität und Angebote des Kompetenzteams ins Rollen… 

Die Kulturregion Lippe – einzigartig und naturnah
„Lippe profiliert sich als innovative Bildungsregion für alle“ – so lautet das vierte Leitziel in dem vom Kreistag beschlossenen Zukunftskonzept Lippe 2025.  Ein lebenslanger Zugang zu Bildung ist eine entscheidende Voraussetzung für den persönlichen Erfolg und die gesellschaftliche Teilhabe. Der Kreis Lippe entwickelt seine eng vernetzten und etablierten Strukturen weiter und begegnet damit den neuen Herausforderungen einer immer vielfältiger werdenden Gesellschaft. Bildung bezieht sich nicht nur auf das Beherrschen der Sprache und naturwissenschaftlich-technischer Kenntnisse und Fertigkeiten, sondern auch auf das Erlernen von Medien- und Sozialkompetenzen und der Schaffung eines Bildungszugangs zu den Bereichen Umwelt und Kultur.[1]
Der Kreis Lippe mit seinen 350.000 Einwohnern in 16 Städten und Gemeinden liegt ganz im Osten von Nordrhein-Westfalen. Trotz der sehr ländlichen Idylle hebt sich die Region durch eine einzigartige Dichte an Sehenswürdigkeiten und Kultureinrichtungen hervor. Neben dem überregional bekannten Hermannsdenkmal und den Externsteinen gibt es hier eine Vielzahl an Burgen, Schlössern und hochwertigen Museen wie das LWL-Ziegeleimuseum in Lage oder das Weserrenaissance-Museum Schloss Brake. Das LWL-Freilichtmuseum und das Lippische Landesmuseum in Detmold sowie das Lippische Landestheater zählen zu den größten Anbietern kultureller Bildungsangebote in der Region. Darüber hinaus sind auch die zahlreichen freien Bühnen, Ortsvereine, Stadtbibliotheken, der Heimatbund Lippe und die Hochschule für Musik wichtige außerschulische Lernorte. Das Angebot an kulturellen, medien- und theaterpädagogischen Einrichtungen ist groß.

Das Regionale Bildungsnetzwerk
Der Kreis Lippe hat seit 2009 in Kooperation mit den Städten und Gemeinden und der Bezirksregierung Detmold ein Regionales Bildungsnetzwerk zur Gestaltung und Weiterentwicklung der Bildungsregion Lippe aufgebaut. Durch die Vernetzung und systematische Kooperation aller Bildungseinrichtungen sollen die Bildungs- und Lebenschancen in Lippe verbessert werden. Ziel des Regionalen Bildungsnetzwerks ist es, Bildung gemeinsam zu verantworten und altersgemäße und zielgruppengerechte Angebote für die Bildungslandschaft in Lippe zu initiieren und weiterzuentwickeln. Das Bildungsnetzwerk setzt sich aus dem Fachdienst Bildung mit dem Bildungsbüro, dem Medienzentrum und dem Schulamt, sowie dem Eigenbetrieb Schulen, dem Fachbereich Jugend, Familie und Gesundheit, der offene Kinder- und Jugendarbeit und dem Kommunalen Integrationszentrum zusammen. Außerdem kooperiert das Netzwerk eng mit der Lippe Bildung eG, dem Landesverband Lippe sowie Schulen, Kindertageseinrichtungen und freien Bildungsträgern.


Die Handlungsfelder des Regionalen Bildungsnetzwerks
Quelle: Kreis Lippe

Handlungsfelder des Regionalen Bildungsnetzwerks sind neben der Kulturellen Bildung die Familienbildung, Sprachbildung, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Bildungsberatung und Weiterbildung, Berufliche Bildung, MINT-Bildung sowie die Bildungsübergänge. Kulturelle Bildung ist für Lippe ein wichtiger Motor, denn sie fördert Kinder und Jugendliche in der Entwicklung ihrer Stärken und ihres Selbstbewusstseins, ermöglicht Lernprozesse mit allen Sinnen und unterstützt das eigenständige Lernen. Daher wurde das Handlungsfeld der Kulturellen Bildung 2017 neu in das Portfolio des Regionalen Bildungsnetzwerks Lippe aufgenommen. Kulturelle Teilhabe ist Teil einer Lehr- und Lernkultur, die positive Beziehungen und wertschätzende Einstellungen fördert.

Kulturelle Bildung – Vision und Ziele
Kulturelle Bildung ermöglicht Kindern und Jugendlichen, künstlerische und ästhetische Erfahrungen zu machen, eigene Begabungen, Interessen und Ausdrucksformen zu entdecken und ihre Wahrnehmungs- und Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern. Dies gelingt nur durch die nachhaltige Förderung vielfältiger künstlerischer und kultureller Angebote und Strukturen, die die Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure dauerhaft sichern.
Das Regionale Bildungsnetzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, dass alle Kinder und Jugendlichen im Kreis Lippe eine durchgängige kulturelle Bildungsbiographie in Kindergarten und Schulzeit erhalten. Der Fokus liegt dabei auf der Förderung der Kulturellen Bildung entlang der Bildungskette. Sowohl die konsumtive als auch die produktive Auseinandersetzung mit Theater, Gesang, Tanz und allen Formen der Kulturellen Bildung tragen zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung bei und fördern Kompetenzen, die nicht nur für den Schulalltag wichtig sind. Die Kinder und Jugendlichen entwickeln durch Kulturelle Bildung Zuverlässigkeit, Teamgeist und Kreativität. Das Selbstbewusstsein der jungen Menschen wird gefördert, sie lernen die eigenen Fähigkeiten neu kennen und machen die positive Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Die Kooperation der beteiligten Akteure und eine Transparenz der Angebote bildet dabei die Grundlage für ein kohärentes Gesamtkonzept für kulturelle Bildung im Kreis Lippe.

Die Lipper Schul-KulTouren
Die aktuelle Landesregierung hat kultureller Bildung einen hohen Stellenwert eingeräumt – allen Kindern und Jugendlichen sollen Angebote in den Bereichen Musik, Spiel, Theater, Tanz, Literatur, Bildende Kunst und Medien lebenslang zugänglich gemacht werden. Dazu möchte der Kreis Lippe einen Beitrag leisten: Das Bildungsbüro hat im Frühjahr 2018 alle sechzig Grundschulen im Kreis Lippe gebeten, feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner als „Kulturbeauftragte“ zu benennen, die sich zukünftig der Kulturellen Bildung an ihren Schulen annehmen. Diese „Kulturbeauftragten“ sollen als Multiplikatoren fungieren und für die interne und externe Kommunikation von kulturellen Bildungsangeboten sorgen. Sie haben die besondere Aufgabe, die Entwicklung eines kulturellen Schulprofils an ihren Schulen im Blick zu behalten und voranzutreiben, bestehende Strukturen zu verstetigen und Ansprechpartner für Kooperationen mit außerschulischen Kunst- und Kulturpartnern zu sein.
Die Kulturbeauftragten werden regelmäßig durch das regionale Bildungsnetzwerk auf „Lipper Schul-KulTouren“ eingeladen, um sich zu vernetzen, miteinander ins Gespräch zu kommen, sich über Wege und Gestaltungsmöglichkeiten auszutauschen und neue außerschulische Lernorte kennenzulernen. Auf den Lipper Schul-KulTouren werden die Kulturbeauftragten selber aktiv und nehmen an einem kreativ-künstlerischen Workshop oder einem außerschulischen Bildungsangebot teil. Die Kulturbeauftragten erhalten so neben theoretischem Input auch die Gelegenheit, die kulturellen Angebote der besuchten Kultureinrichtung kennenzulernen sowie aktuelle Bedarfe an das Bildungsbüro zu formulieren. Das Regionale Bildungsnetzwerk unterstützt die Kulturbeauftragten dabei, Netzwerke zwischen schulischen und außerschulischen Bildungsanbietern und Lernorten zu entwickeln und zu pflegen, um so die Kulturelle Bildung in Lippe zu fördern.
Bei der 1. Lipper Schul-KulTour kamen auf Einladung des Regionalen Bildungsnetzwerks und des Landesverbands Lippe 35 Kulturbeauftragte auf die Burg Sternberg und haben die grundlegenden Aufgaben eines Kulturbeauftragten thematisiert: Kulturelle Bildung wurde von allen Beteiligten als sehr wichtig für die Entwicklung der ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler erachtet, der Stellenwert der Kulturellen Bildung wurde an den jeweiligen Schulen jedoch mehrheitlich als zu gering bewertet. Viele der Kulturorte im Kreis Lippe seien noch nicht ausreichend bekannt und in den Schulen fehle es oft an ausreichend finanzieller und zeitlicher Ausstattung, um kulturelle Angebote wahrzunehmen und umzusetzen. Der Faktor Mobilität stellt für die vielen Schulen gerade im ländlichen Raum eine große Herausforderung dar.
Daher stand die 2. Lipper Schul-KulTour bei der Landeseisenbahn Lippe ganz unter dem Motto „Mobilität“. Nach der Vorstellung der bereits bestehenden Fördermöglichkeiten für den Besuch außerschulischer Bildungseinrichtungen wurden gemeinsam mit den Kulturbeauftragten Anforderungen an ein Mobilitätskonzept zur Kulturellen Bildung entwickelt. Zukünftig soll die Reihe der „Lipper Schul-KulTour“ mit jeweils anderen Themenschwerpunkten, an unterschiedlichen Kulturorten, jedoch mit dem gleichen Kreis der Kulturbeauftragten fortgesetzt werden – das nächste Ziel ist die junge Bühne des Landestheaters Detmold. Sukzessive werden die Schul-KulTouren auch für weiterführenden Schulen und Kindergärten angeboten.
Neben den Schul-KulTouren informiert der „Schul-KulTour-Ticker“ als digitaler Newsletter die Kulturbeauftragten über aktuelle Angebote und Projekte, macht bedeutsame Nachrichten rund um die kulturelle Bildung bekannt und sorgt für Transparenz im gesamten Bereich der kulturellen Bildung. Weitere Angebote des Regionalen Bildungsnetzwerks im Bereich der Kulturellen Bildung sind der Ausbau der pädagogischen Landkarte, das Landesprogramm „Kultur und Schule“ sowie Öffentlichkeitsarbeit und die Organisation von Veranstaltungen.

 
Neuer Input in ungewöhnlichem Ambiente.
Quelle: Kreis Lippe

 …Durch die Scheibe erhascht man einen Blick auf die schneebedeckte Landschaft. Schneeflocken tanzen im Wind, doch im Zug ist es ruhig. Die Scheiben beschlagen, der Schaffner schreitet durch die Reihen - alle haben ordnungsgemäß ihr Ticket dabei. Sie sind motiviert, mehr über das Thema zu erfahren und Anregungen aus der Perspektive der Schulen zu geben. Kaffee und Kuchen machen es noch gemütlicher. Es ist bereits dunkel, hier und da sieht man ein erleuchtetes Fenster, Schneeregen prasselt auf die Dächer. Zufrieden und gesättigt entwickeln die Kulturbeauftragten am Ende der Reise einen eigenen Fahrplan für die nächsten Schritte an ihrer Schule. Er soll sie immer an ihre Mission erinnern.
Die abenteuerliche Fahrt wird ihnen noch lange im Gedächtnis bleiben.


Saskia Frei-Klages
Quelle: Kreis Lippe

[1] www.zukunftskonzept-lippe.de