Raus aus den Kinderschuhen, rein in die Laufschuhe!

11. Oktober 2021: Von Sonja Malzkorn, Kommunale Koordinierungsstelle – Berufswahlorientierung, Rhein-Erft-Kreis

Vor 10 Jahren steckte in NRW ein Programm noch in den Kinderschuhen. Es musste erst Laufen lernen: KAoA – Kein Abschluss ohne Anschluss – das landesweite, einheitlich und fortlaufend gestaltete Übergangssystem (Schule und Beruf) ab Klasse 8 in allen Schulformen. Die Kommunale Koordinierungsstelle Übergang Schule-Beruf (KommKo) im Rhein-Erft-Kreis hat es sich seitdem zur Aufgabe gemacht, die Abstimmungsprozesse mit allen Akteuren im Übergang Schule-Beruf-Studium zu organisieren.


Raus aus den Kinderschuhen, rein in die Laufschuhe!
Quelle: olly - stock.adobe.com/Rhein-Erft-Kreis

Um diese Anforderung, die das neue Übergangsystem mit sich brachte, zielgerichtet umzusetzen, wurden im Rhein-Erft-Kreis neue Gremien etabliert. So gibt es den Beirat Schule-Beruf-Studium als Entscheidungsgremium, die Steuergruppe als operatives Gremium und analog zu den Handlungsfeldern von KAoA drei Facharbeitsgruppen (FAG’s) – Studien- und Berufswahlorientierung, Übergangssystem, Duale Ausbildung. In den FAG’s sind Praktiker und Strategen in ihrem jeweiligen Fachgebiet operativ tätig als Basis für die Umsetzung der Landesinitiative. Die KommKo koordiniert die Vernetzung der verschiedenen Akteure und Institutionen.

Die damals noch neuen Standardelemente laufen mittlerweile im gesamten Rhein-Erft-Kreis gut und konnten sich etablieren. Die Potenzialanalyse wird bereits seit 2007 – damals noch unter dem Namen Potenzialcheck – im Rhein-Erft-Kreis flächendeckend angeboten. Viele Nachbarkreise orientierten sich dabei am Rhein-Erft-Kreis als Messlatte.

Ein wichtiges Etappenziel war nach fünf Jahren KAoA im Rhein-Erft-Kreis die Zukunftswerkstatt, die 2018 im Kreishaus Bergheim stattfand. Zu diesem Großworkshop waren zahlreiche Akteure aus dem Bereich Übergang Schule-Beruf zusammengekommen, um in einem Wechsel von Plenumsdiskussion und Arbeitsgruppen gemeinsam eine Zwischenbilanz im Rhein-Erft-Kreis zu ziehen und Meilensteine der weiteren Zusammenarbeit zu benennen. Bei diesem Anlass wurde auch der Bildungswegenavigator vorgestellt. Das interaktive Instrument unterstützt Jugendliche und ihre Eltern bei der Orientierung im Übergang Schule-Beruf. Der Bildungswegenavigator hilft bei der Frage weiter, mit welchem Schulabschluss welcher Bildungsweg im Rhein-Erft-Kreis gewählt werden kann. Darüber hinaus leistet der Navigator konkrete Hilfestellung bei der Kontaktaufnahme zu Beratungsinstitutionen wie der Agentur für Arbeit, zu Kammern sowie Berufskollegs und Hochschulen im Rhein-Erft-Kreis und in der Region. Er ist über die Homepage der Kommunalen Koordinierungsstelle zugänglich: http://www.berufsorientierung-rek.de/bildungswege/.

Doch die Pandemie hat alles verändert. Es wurde Zeit, sich die Bergsteigerschuhe anzuziehen, um auch diese schwierige Etappe zu meistern: Viele Programme wurden digitalisiert und es boten sich viele Chancen für Neues.

So wurde im Rhein-Erft-Kreis erfolgreich die Virtuelle Schnitzeljagd eingeführt. Hierbei durften Schüler*innen aus Klasse 8 im Internet recherchieren sowie nach regionalen Betrieben und Ausbildungsberufen suchen, indem sie die Stellenbörse bzw. das Karriereportal auf der Seite des Betriebes durchsuchten. Wer dabei Hilfe benötigte, konnte seinen Studien- und Berufswahlkoordinator (StuBo) der Schule fragen, der das Projekt begleitete. Herrn Frank Rock, Landrat des Rhein-Erft-Kreises, ist als ehemaliger Schulleiter die Berufsorientierung ein ganz besonderes Anliegen. So war es ihm eine große Freude, auch den Gewinner der Virtuellen Schnitzeljagd zu prämieren und ihm persönlich den Preis zu überreichen. Aufgrund der positiven Resonanz steht eine Zweite Virtuelle Schnitzeljagd derzeit in den Startlöchern. Herr Rock übernimmt hier gerne die Schirmherrschaft.

Auch Komm auf Tour – deine Stärken, deine Zukunft – ein im Rhein-Erft-Kreis sehr beliebtes Instrument für Schüler*innen als Einstieg in die Berufswahlorientierung in Klasse 7 – wurde erstmals digital durchgeführt. Schüler*innen hatten die Chance, sich digital ihren Stärkenkoffer zu packen und sind voller Stolz startbereit für die beginnende Berufsorientierung und weitere Lebensplanung. Aufgrund der derzeit noch ungewissen Pandemielage wird Komm auf Tour auch für die Zukunft digital und analog geplant.

Damit auch ein weiterer wichtiger Part der Berufsorientierung ebenfalls das Laufen lernt, durften Eltern erstmals an der Veranstaltungsreihe digitale Elternabende „Durchblick verloren? Möglichkeiten und Wege für mein Kind nach der Schule...“ teilnehmen. Dieses Angebot hatte sogar mehr Zulauf als das vormalige Format in Präsenz. In einem Flächenkreis wie dem Rhein-Erft-Kreis sind diese digitalen Formate für alle Beteiligten besser erreichbar als analoge Angebote und sollen auch in Zukunft weiter angeboten werden.

Die Ausbildungsbörse in Bergheim im MEDIO.RHEIN.ERFT wird im Rhein-Erft-Kreis seit vielen Jahren veranstaltet und wurde auch immer stark frequentiert – pandemiebedingt war die Umsetzung leider in diesem Jahr nicht möglich.

Um die Schüler*innen und Beratungsinstitution bestmöglich über die entsprechenden Angebote in der Region informieren zu können, hat die Kommunale Koordinierungsstelle als Handreichung die Dokumente Förderangebote für Abgangsschüler*nnen und den Bildungswegweiser Rhein-Erft-Kreis auf den Weg gebracht.

Das Berufsfelderkundungsportal war ein gut besuchtes Matchinginstrument für Schüler*innen und Betriebe zur Umsetzung der Berufsfelderkundungstage, dessen Betrieb aufgrund der rechtlich geforderten Datenschutzbestimmungen eingestellt werden musste. Derzeit wird an einer neuen Lösung gearbeitet.

Auch gemeinsam mit vier weiteren Kommunalen Koordinierungsstellen und der Regionalagentur Region Köln konnte gemeinsam eine Staffel gelaufen werden: so wurde im Juni 2021 eine digitale Veranstaltung für Eltern für die gesamte Region Köln geplant und durchgeführt zum Thema: „Erfolgsfaktor Duale Ausbildung – Mit Dualer Ausbildung in gehobenen Berufs- und Führungspositionen.“ In 20 Vorträgen berichteten Azubis und beruflich qualifizierte Führungskräfte live über ihre spannenden Berufe und Karrierewege.

Die gleiche Staffel Kommunaler Koordinierungsstellen startete im Herbst 2020 bis Frühjahr 2021 die gemeinsame Medienkampagne Ausbildung 2020 – Na klar! Hier wurden Beiträge auf Instagram, Facebook und Youtube gepostet zur Stärkung des regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes, damit möglichst viele junge Menschen einen Ausbildungsabschluss erwerben – ein Weg, den Fachkräftebedarf zu decken und gesellschaftliche Teilhabe zu sichern.

Ganz aktuell wurde ein kostenloser Workshop für Schulen und Jugendämter zur Nutzung des Internetportals Azufi bereitgestellt. Bei diesem kostenfreien Online-Vermittlungsportal für Schüler*innen auf Ausbildungsplatzsuche suchen Schüler*innen nicht nach Ausbildungsplätzen, sondern Betriebe nach passenden Auszubildenden.

Die Entwicklung zeigt, dass neben neuen Formaten auch bereits etablierte Standardelemente durch die Pandemie einen neuen Lehrauftrag und Look erhielten. Alle Akteure, von Schüler*innen, Lehrenden über Kammern bis hin zu Institutionen, mussten lernen, mit dieser Situation umzugehen und Neues lernen. Ein weiteres Erfordernis ist, alle Beteiligten, insbesondere die Schulen, zu digitalisieren, um Chancengleichheit gewährleisten zu können.

Nach 10 Jahren steht die Berufswahlorientierung im Rhein-Erft-Kreis auf sicheren Füßen, überspringt jede Hürde und läuft selbst einen Marathon mit dem klaren Ziel: Kein Abschluss ohne Anschluss.

Sonja Malzkorn
Quelle: Rhein-Erft-Kreis