Sozialplanung in der StädteRegion Aachen

12. April 2022: Von Antje Rüter, Amtsleiterin Amt für Inklusion und Sozialplanung, und Astrid Taube, Sozialplanerin, StädteRegion Aachen

Im Zusammenspiel mit 10 kreisangehörigen Kommunen sowie der lokalen Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände hat sich die StädteRegion Aachen in 2016 als einer der Kreise in NRW auf den Weg gemacht, die soziale Lage kleinräumig zu analysieren. In den vergangenen sechs Jahren wurde eine strukturierte Berichterstattung entwickelt und eine transparente Kommunikationsstruktur aufgebaut. Zwischenzeitlich fließen die Erkenntnisse in planerische Aktivitäten der StädteRegion Aachen ein und unterstützen die Kommunen sowie die in der Region ansässigen Träger bei deren Planung und Entwicklung.

In der StädteRegion Aachen leben ca. 555.000 Menschen in 10 Kommunen. Die StädteRegion Aachen ist ein innovativer Kommunalverband aus den Kommunen des ehemaligen Kreises Aachen sowie der kreisfreien Stadt Aachen. Seit 2009 ist sie die Rechtsnachfolgerin des Kreises Aachen und bündelt viele Leistungen rund um die Themen Lernen, Leben, Soziales und Freizeit mit dem Ziel, die Lebensqualität der Menschen in der Region stetig zu verbessern. In diesem Kontext steht auch die in 2015 beschlossene Einführung einer städteregionalen Sozialplanung als Instrument, um Bedarfe detailliert zu identifizieren und Angebote und Mittel entsprechend auszurichten und zu verteilen.

Ausgangslage
Zu Beginn des Prozesses lag die Herausforderung vor allem in der sehr komplexen Ausgangssituation. Sozialplanerische Aktivitäten in den städteregionsangehörigen Kommunen deckten eine große Spannbreite von bereits sehr etablierten, flächendeckenden Prozessen bis hin zu punktuellen Aktivitäten verschiedener Ortsteile ab. Der Sozialraumbezug war in den Kommunen sehr unterschiedlich ausgestaltet. Gleichzeitig mussten die unterschiedlichen Strukturen sowohl der ländlich geprägten Städte und Gemeinden, der Klein- und Mittelstädte als auch der Großstadt Aachen berücksichtigt werden.

Prozessschritte der Etablierung
Im ersten Schritt wurde in bilateralen Gesprächen mit Fachleuten aus den Kommunen eine kleinräumige Gliederung unterhalb der Kommunen mit insgesamt 93 Sozialräume für die gesamte StädteRegion Aachen festgelegt. Hierbei wurden die Beteiligten durch die externe Expertise des Geographischen Institutes der RWTH Aachen – finanziert aus Fördermitteln des Landes NRW – unterstützt. Z. T. konnte auf bestehende Unterteilungen – z. B. aus kommunaler Sozialplanung, der Jugendhilfe oder bestehenden Projekten - zurückgegriffen werden.
Gleichzeitig galt es, ein gemeinsames Datenkonzept zu entwickeln, die unterschiedlichen kommunalen Aktivitäten und Zuständigkeiten abzustimmen sowie Datenquellen und Ressourcen zu identifizieren. Zu diesem Zweck wurde eine komplexe Kommunikationsstruktur etabliert, bestehend aus den kommunalen (Sozial-)Planerinnen und (Sozial-)Planern, aus den städteregionalen Fachämtern, aus den Trägern der freien Wohlfahrtspflege, dem Jobcenter sowie weiteren externen Partnerinnen und Partnern. 2018 wurde die erste städteregionale Sozialberichterstattung zu den Themenfeldern „Soziodemographie“, „Sozioökonomie“ sowie „Lebenslagen von Kindern, Jugendlichen und Familien“ veröffentlicht. Sie beinhaltet das Sozialraummonitoring, welches die Situation für die gesamte StädteRegion Aachen analysiert, und wird durch kommunale Sozialraumprofile ergänzt, die einen vertiefenden Blick in die Daten einzelner Kommunen ermöglichen.

Im Rahmen der ersten Sozialplanungskonferenz 2018 wurden die Ergebnisse der Berichterstattung einer breiten Fachöffentlichkeit vorgestellt und diskutiert, welche Gestaltungsbedarfe und Ansatzpunkte sich hieraus ergeben. In der Folge etablierte sich der Bericht mehr und mehr als Informationsbasis für die Planung von Maßnahmen und Angeboten.
Im Rahmen der zweiten Sozialplanungskonferenz 2020 wurden auf Basis der Ergebnisse gemeinsam mit den Teilnehmenden Ansätze und Methoden für die inklusive Ausgestaltung von Sozialräumen beraten. Aufbauend auf dem ersten Bericht wurden zeitgleich die Themenfelder „Wohnen“ und „Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen“ in zwei Teilberichten erschlossen und 2020 veröffentlicht.
Aktuell wird die Fortschreibung des ersten Sozialraummonitorings erstellt, erweitert um die Themen der Teilberichte sowie das Thema „Gesundheit“. Methodisch wird die Berichterstattung zudem um neu entwickelte Indizes für einen schnelleren Überblick ergänzt. Hierbei wird auf die o. g. inzwischen etablierte Kommunikationsstruktur zurückgegriffen.


Bericht Sozialraumplanung 2018.jpg
Quelle: StädteRegion Aachen

Hürden und Gelingensfaktoren
Zusammenfassend lagen und liegen die größten Herausforderungen im Prozess in der Unterschiedlichkeit der einzelnen Kommunen sowie der Datenbeschaffung und -zusammenführung. Diese wird durch unterschiedliche Zuständigkeiten, verschiedenen Fachanwendungen und die notwendigen datenschutzrechtlichen Vorgaben erschwert. Hinzu kommen die verschiedenen Professionen und Handlungslogiken der Beteiligten verbunden mit dem jeweils unterschiedlichen Rollen- und Aufgabenverständnis.
Um diese Hürden zu meistern, hat es sich in der StädteRegion Aachen bewährt, die Beteiligten frühzeitig in den Entwicklungsprozess einzubinden und sich regelmäßig auszutauschen. Eine transparente Kommunikation auf Augenhöhe hilft, unterschiedliche Erwartungen abzustimmen und möglichen Missverständnissen vorzubeugen. Hierbei ist es wichtig sowohl mit der operativen Ebene im engen Austausch zu sein, als auch die Entscheidungsebene einzubeziehen.

Bilanz zur Wirkungsweise – von Daten zu Taten
Zwischenzeitlich dient die städteregionale Sozialberichterstattung auf vielen Ebenen als Planungs- und Steuerungshilfe.
Innerhalb der städteregionalen Verwaltung stellt sie eine wertvolle Grundlage für Fachplanungen z. B. im Bereich der pflegerischen Versorgung dar. Zudem unterstützt die Sozialplanung regelmäßig Fachämter bei spezifischen Fragestellungen, z. B. im Bereich der Integration und der Bildung.
Unmittelbare städteregionsbezogene Steuerungsrelevanz hat die Sozialplanung für die Vergabe der freiwilligen Mittel im sozialen Bereich – sofern die Anträge sozialräumliche ausgerichtete sind. Diese ist eng an die Sozialplanung und daraus entwickelte Kriterien gekoppelt. Unter Einbindung der regionalen Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege wurde ein Verfahren zur systematischen Einordung der Anträge entwickelt. Es trägt dazu bei, der Vielfalt der Kommunen und Wohlfahrtsverbände in der Region Rechnung zu tragen und eine möglichst breite Streuung der Mittel bei gleichzeitig bedarfsgeleiteter Verteilung zu erreichen.
Darüber hinaus werden im Rahmen der „Richtlinie für Sozialraumprojekte“ kleinere Projekte und Vorhaben von Initiativen oder Vereinen mit bis zu 1.000 Euro gefördert, wenn sie zur Stärkung der ausgewiesenen Gestaltungsbedarfe beitragen.

Flyer Sozialraumprojekte - Quelle: StädteRegion Aachen

Im Zusammenspiel mit den Kommunen kommt der städteregionalen Sozialplanung vor Allem eine koordinierende Rolle und Servicefunktion zu. Konkret unterstützt sie Kommunen bei Bedarf bei Befragungen oder Projektumsetzung und bietet mit den verschiedenen Sozialplanungskonferenzen eine übergeordnete Informations- und Austauschplattform. Sie ist Impulsgeberin für gemeinsame Aktivitäten und Projekte mit sozialraum- und kommunenübergreifender Relevanz. So konnte in den letzten Jahren die Wohn- und Lebenssituation Älterer in ländlichen Kommunen vertiefend in den Blick genommen und den dort aufgezeigten Bedarfen in Form eines LEADER-Projektes entsprochen werden. Auch das Kompetenznetz „Gesundheitsförderung im Alter“ sowie das Projekt „Stärkung kommt von stärken“ aus dem kommunalen Förderprogramm des GKV-Bündnisses sind bedarfsgeleitete Ansätze, die zur Stärkung der Lebenslagen der städteregionalen Bevölkerung beitragen.

 

Antje Rüter

Quelle: StädteRegion Aachen

Astrid Taube