Verwaltungsdigitalisierung – mehr als OZG und E-Akte

08. März 2023: Von Marc Heines, Sachgebietsleitung Verwaltungsdigitalisierung, Hochsauerlandkreis

Um die Verwaltungsdigitalisierung voran zu bringen, ist es nicht ausreichend, Onlineanträge zu veröffentlichen und die E-Akte einzuführen. Vielmehr sind alle Ebenen zu betrachten und miteinander zu vernetzen. Beispielsweise wird mobiles Arbeiten erst effektiv, wenn E-Akte, Hardware, Prozesse und Dienstanweisungen aufeinander abgestimmt sind. Ein gut organisiertes mobiles Arbeiten ist wiederum die Voraussetzung für Desksharing und damit auch ein Ansatz, das Raumangebot zu verbessern.

Die neue Digitalisierungsstrategie für die Verwaltung des Hochsauerlandkreises vom Juni 2022 hat eine klare Vision: „Arbeitsplätze müssen unabhängig von Ort und Zeit werden“. Jegliche Technologie, Software und Prozesse sind darauf auszulegen. Wenn Anträge online gestellt werden und die Aktenführung elektronisch erfolgt, liegt auf der Hand, dass die Systeme miteinander verbunden werden und die Daten laufen und nicht der Bote mit der Umlaufmappe.

Organisation und Mensch
Die Verwaltungsdigitalisierung wird nur erfolgreich, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die neuen Technologien annehmen und umsetzen können. Der Hochsauerlandkreis wird ein professionelles Change- und Wissensmanagement installieren, um die Beschäftigten der Verwaltung zu Beteiligten zu machen und nicht zu Betroffenen.


Mit dem strategischen Management von Zielen bis zur Umsetzung.
Quelle: Hochsauerlandkreis

Für das Veränderungsmanagement wurden zwei Vollzeitstellen geschaffen, die insbesondere die persönlichen Dimensionen in den Veränderungsprojekten der Verwaltungsdigitalisierung abbilden können. Die Digitalisierung im öffentlichen Dienst wird immer wieder als Transformation betrachtet, sie findet jedoch nicht nur auf technischer Ebene statt. Zahlreiche gewohnte Arbeitsweisen ändern sich grundlegend und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die bevorstehenden Änderungen vorzubereiten und aktiv mitzunehmen, ist wesentlich für die digitale Transformation.
Sich verändernde Arbeitsweisen sorgen auch für besondere Anforderungen an die Qualifikationen der Beschäftigten in der Verwaltung. Eine ungünstige Altersverteilung sorgt bereits dafür, dass wertvolles Wissen durch Verrentung in großer Zahl verloren geht. Beiden Problemfeldern begegnet der Hochsauerlandkreis künftig mit einer Lern- und Wissensdatenbank. Lernvideos, FAQ-Listen uvm. werden Recherchen ermöglichen und das eigene Wissen erweitern. Zusätzlich wird es konkrete Angebote, z. B. Webinare, Präsenzschulungen etc., geben, die zielgruppengerecht Wissen aufarbeiten und die Beschäftigten dort abholen, wo sie aktuell stehen.

Technologie und Tools
Auch bei Technologien wird der Grundsatz „Unabhängig von Ort und Zeit“ konsequent verfolgt. Jeder geeignete Aufgabenbereich wird sukzessive mit mobilen Endgeräten ausgestattet. Je nach Anforderung stehen Notebook, Tablett oder Kombinationen zur Verfügung. Neben den Beschäftigten nutzen ebenfalls alle Nachwuchskräfte im Verwaltungsbereich durchgehend mobile Endgeräte und bleiben so während der Studienphasen mit der Verwaltung verbunden. Werkzeuge, die eine ortsunabhängige Aufgabenerfüllung und Zusammenarbeit ermöglichen, sind bereits vorhanden oder werden entsprechend der Digitalisierungsstrategie eingeführt. Dazu zählen beispielsweise E-Akte, Online-Zeiterfassung, digitales Whiteboard, E-Post, HSK-Cloud, interner Zeichnungsworkflow, Chatsystem, Softphone und einige mehr. Für die digitale bzw. hybride Zusammenarbeit in Gruppen stehen an mehreren Dienstorten eingerichtete Videokonferenzräume oder eigenständig buchbare Videokonferenzen am Arbeitsplatz zur Verfügung.

Prozesse und Methoden
Neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den digitalen Technologien sind auch die hausinternen Prozesse und Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Die Dienstanweisungen, z. B. zur mobilen Arbeit oder Arbeitszeitregelung, müssen die künftigen Arbeitsweisen auch ermöglichen. Tradierte Prozesse stammen aus der Papierwelt und sind kritisch zu hinterfragen. Entscheidend ist, dass online gestellte Anträge medienbruchfrei in die Fachsoftware oder die E-Akte gelangen. Ein großer Effektivitätsgewinn wird auch die digitale Abbildung der internen Prozesse bringen. Gezeigt hat das unter anderem der E-Rechnungsworkflow, der bereits durch einen digitalen Beschaffungsworkflow erweitert ist. Weitere hausweite Prozesse, z. B. E-Vergabe oder Anträge an die zentralen Dienste, sorgen für eine direkte Aufgabenerledigung unabhängig von Ort und Zeit.

Interkommunale Zusammenarbeit
Die interkommunale Zusammenarbeit und Vernetzung ist ein weiterer Baustein, um die Verwaltungsarbeit effektiver zu gestalten. Schon im Jahr 2019 hat der Landrat mit den 12 Bürgermeistern der kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Hochsauerlandkreis vereinbart, dass ein identisches Dokumentenmanagementsystem verwendet werden soll. So konnte die Eigenentwicklung der elektronischen Personalakte beim Hochsauerlandkreis allen Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Darauf aufbauend werden aktuell weitere elektronische Fachakten gemeinschaftlich erarbeitet. In einem Förderprojekt entwickeln jeweils drei bis vier Kommunen eine E-Fachakte und stellen die Ergebnisse allen weiteren kreisangehörigen Kommunen unentgeltlich und direkt zur Verfügung. Die Prozessbetrachtung und technische Umsetzung werden jeweils von externen Unternehmen übernommen. Dadurch ergibt sich ein Knowhow-Transfer in die Städte, Gemeinden und Kreisverwaltung, die dann künftig auch ohne externe Unterstützung eigene elektronische Akten entwickeln können. Der Hochsauerlandkreis hat eine steuernde Funktion und unterstützt fachlich, personell und finanziell.


Die Projektgruppe Digitalisierung hat die neue Digitalisierungsstrategie nach den Grundsätzen im strategischen Management entwickelt.
Quelle: Hochsauerlandkreis

Die Kooperation bedeutet für alle Beteiligte einen großen Mehrwert: Unter dem Aspekt des Wissensmanagements können sich beispielsweise die Kommunen bei der Einarbeitung neuer Beschäftigter oder Personalengpässen gegenseitig unterstützen und austauschen. Mit einheitlichen elektronischen Fachakten ist ein Grundstein für eine weitergehende interkommunale Zusammenarbeit gelegt. Durch einfach zu organisierende Aufgabenübertragungen, z.B. in der Wohngeld- oder Steuersachbearbeitung, kann eine Kommune demnächst die Sachbearbeitung einer anderen Kommune technisch unkompliziert übernehmen.


Marc Heines
Quelle: Hochsauerlandkreis