Wir verfügen über eines der modernsten Gedächtnisse in unserer Region

26. März 2019: Von Katrin Helm, Archivarin des Kreises Höxter

„Mit den neuen Räumlichkeiten verfügt der Kreis Höxter nun über eines der modernsten Gedächtnisse in unserer Region.“ Mit diesen Worten brachte Landrat Friedhelm Spieker bei der Eröffnung des neuen Kreisarchivs im Februar 2018 seine Freude zum Ausdruck über „diese erfolgreiche Investition in die Zukunft“. Er bezog sich dabei auf ein Zitat des deutschen Dichter Novalis, der einmal gesagt hat: „Schriften sind die Gedanken des Staats, die Archive sein Gedächtnis.“ „Staubig, dunkel und verwinkelt - dieses Klischee eines Archivs ist bei uns im Kreis Höxter Geschichte“, sagte Landrat Spieker. „In dem neuen Erweiterungsanbau präsentiert sich das Kreisarchiv unseres heutigen Kreises Höxter und seiner Vorgängerkreise stattdessen modern und nutzerfreundlich.“ Da sich der Kreis Höxter mit unterschiedlichsten Maßnahmen sehr erfolgreich für den Klimaschutz einsetze, freue es ihn besonders, dass die Bauweise und Ausstattung des neuen Kreisarchivs darauf ausgerichtet seien, bei möglichst hoher Energieeffizienz adäquate Bedingungen zur dauerhalten Aufbewahrung des Archivguts des Kreises Höxter zu gewährleisten.

Ausgangssituation
Als das Kreisarchiv des Kreises Höxter 1990/91 gegründet wurde, bezog es Räumlichkeiten im Erdgeschoss des 1965 erbauten Kreishauses in der Moltkestraße. Horst-Dieter Krus, der die neugeschaffene Stelle eines Kreisarchivars mit großem Engagement erfüllte, standen dabei zwei Büros, die zuvor die Altregistratur beherbergten, als Magazin und Arbeitsplatz zur Verfügung. Als der Platz nicht mehr ausreichte, zog das Kreisarchiv 2001 in das Kellergeschoss des Kreishauses. Die neu bezogenen Räumlichkeiten versprachen mit vier Magazinräumen und insgesamt 128 Quadratmetern zwar - verglichen mit den zuvor genutzten Büros - deutlich mehr Platz, wiesen gleichzeitig jedoch erhebliche Nachteile auf, wie verschachtelte Magazinräume mit Holzregalen und Fenstern sowie keinerlei Klimatechnik. Die Nutzung erfolgte im selben Raum, in dem auch die Bibliothek Aufstellung fand. Über die Jahre stieß das Kreisarchiv in den Kellerräumlichkeiten an die Grenzen der Platzkapazität und übernommene Unterlagen mussten in anderen Verwaltungsgebäuden untergebracht werden. Zur selben Zeit wurde auch die Renovierungsbedürftigkeit der vom Kreisarchiv genutzten Räume unübersehbar.

Neue Räume müssen her – Eine Standortsuche
Die prekäre Raumsituation des Kreisarchivs machte einen neuerlichen Umzug zwingend erforderlich. Bereits ab dem Jahr 2010 prüfte die Kreisverwaltung den Ankauf benachbarter Immobilien oder die Anmietung anderer leerstehender Gebäude in Höxter. Allerdings wiesen die fraglichen Gebäude erhebliche brandschutztechnische Mängel auf, waren energetisch unvorteilhaft und die Nutzung als Archiv hätte teils umfangreiche Umbauarbeiten vorausgesetzt. Ab dem Jahr 2015 wurde die Errichtung eines Neubaus für das Kreisarchiv ins Auge gefasst und mit der Absicht, diesen als neuen Verwaltungstrakt im Innenhof des Kreishauses zu errichten, konkretisiert. Die Wahl dieses Standorts erforderte keinen zusätzlichen Grundstückserwerb, ermöglichte den direkten Anschluss des Kreisarchivs an die Verwaltung, einen barrierefreien Zugang und gewährleistete durch die Innenlage einen hohen Sicherheitsfaktor. Erstmals vorgestellt wurde dieser angestrebte Neubau im Innenhof dem Kreis- und Finanzausschuss am 5. November 2015. Damals noch als mehrgeschossiger Anbau geplant, legte man sich später auf einen eingeschossigen Bau fest. Zu groß wären die Einschränkungen für die Mitarbeiter*innen im Kreishaus aufgrund der Sichtbehinderung und der damit verbundenen verschlechterten Lichtverhältnisse gewesen.

Bauweise des Archivneubaus
Im April 2017 nahm Landrat Friedhelm Spieker offiziell den ersten Spatenstich vor. Die unkonventionelle Lage des Archivneubaus erforderte eine aufwändige Baulogistik: Bauteile mussten mithilfe eines Hydraulikkrans über das dreigeschossige Kreishaus in den Innenhof gehoben werden. Ein im Vorfeld eingerichteter baubegleitender Ausschuss verfolgte die Planung und den Fortschritt des Archivneubaus. Bereits im Februar 2018 konnte der Neubau des Kreisarchivs nach nur zehnmonatiger Bauzeit feierlich eröffnet werden. Dazu Landrat Spieker: „Damit wurde der sportliche Zeitplan eingehalten! Immer wieder greifen wir auf alte Dokumente, Verträge und Pläne zurück – nicht nur für die Geschichtsschreibung, sondern auch für neue Planungen und aktuelle Problemlösungen. Dafür ist unser modernes Kreisarchiv nun bestens ausgestattet.“ Im Rahmen der Eröffnungsfeier fand ein Rundgang durch die neuen Räumlichkeiten statt, zu diesem Anlass wurde auch eine kleine Archivausstellung präsentiert. Der Archivneubau besteht aus dem Magazin, zwei Büroräumen für das Archivpersonal mit angegliedertem Rechercheraum, einem Technikraum sowie einem Servicebüro für die Kreisverwaltung. Sämtliche Bereiche des Archivneubaus sind barrierefrei zugänglich. Über eine Rampe im Innenhof ist außerdem das Kellergeschoß des Kreishauses barrierefrei erreichbar. Dort lagernde Altregistraturen können somit im Falle von Übernahmen unkompliziert in den Verfügungsbereich des Kreisarchivs transportiert werden.

Der neueste Stand der Technik kam auch bei den Außenwänden des Neubaus zum Einsatz. Die vorgefertigten Wandelemente aus Stahlbeton sind mit Mineralwolle gedämmt und hinterlüftet. Die Fassade wurde mit Hochdruck-Schichtpressstoffplatten gestaltet, die sich durch eine hohe mechanische und physikalische Widerstandsfähigkeit sowie Beständigkeit gegen Chemikalien und Nässe auszeichnen. Das Dach besteht ebenfalls aus Stahlbeton und ist mit einer extensiven Begrünung - weitgehend selbsterhaltenden Sedumgewächsen - versehen. Aufgrund der Verwendung von Speichermatten bedarf es hierbei kaum einer zusätzlichen Bewässerung. Beheizung und Kühlung erfolgen umweltfreundllich über eine Wärmepumpe und Betonkernaktivierung. So können Wärme und Kälte gespeichert werden, um sie später effizient zu nutzen und darüber hinaus Temperaturspitzen abzuflachen. Die Bauweise des Archivgebäudes zielt auf die Minimierung des Energieverbrauchs durch den gezielten Einsatz von Anlagentechnik in Verbindung mit den Baukörpereigenschaften ab.

Ausstattung des Magazins
Das Herzstück des Neubaus bildet das Magazin. Es verfügt über eine Grundfläche von 218 Quadratmetern und einer Höhe von fast vier Metern. Der Boden besteht aus geglättetem Stahlbeton mit einer abrieb- und wischfesten Beschichtung. Die Beleuchtung erfolgt über separat schaltbar Kreise. Während ein Magazingang beleuchtet wird, bleibt die Beleuchtung des restlichen Magazins bis auf eine „Notbeleuchtung“ deaktiviert. Als Leuchtmittel werden UV-freie Leuchtstoffröhren verwendet. Eine Be- und Entlüftungsanlage gewährleistet Luftaustausch und –zirkulation im Magazin, wobei die durch Außen- und Innenfühler ermittelten Werte ausschlaggebend sind. Nur wenn das Außenklima dem Innenklima zuträglich ist, erfolgt ein Luftaustausch.

Das Magazin verfügt über zwei Rollregalanlagen, die durch einen Mittelgang getrennt sind. Auf einer Höhe von insgesamt 3,26 Metern befinden sich in den Rollregalen jeweils sechs Fachböden untereinander. Die Fachbodentiefe und –höhe beträgt jeweils 40 Zentimeter. In etwa mittig der Regalanlagen wurde jeweils ein stationäres Zwischenregal eingebaut. Die Regale sind pulverbeschichtet, die Regalseitenwände weisen zur Belüftung eine Lochung auf. Im Mittelgang können Ablagetischchen aufgeklappt werden, sodass kurze Recherchen auch direkt im Magazin möglich sind. Die Regalanlage verfügt insgesamt über rund 2.800 Meter Regalfläche und fasst rund 25.000 Archivkartons. Die Regalhöhe von mehr als drei Metern gab den Ausschlag für die Anschaffung einer Podestleiter. Unter Zuhilfenahme dieser rollbaren Leiter ist eine Entnahme auch aus den obersten Regalfachböden ohne Sicherheitseinschränkungen für das Archivpersonal möglich.

Im Magazin stehen fünf Planschränke zur Lagerung von Formaten bis zu einer Größe von DIN A 0 zur Verfügung. Zur Verwahrung von Archivalien, die das Format DIN A 0 übersteigen, befindet sich ein Kragarmregal im Magazin. Dort können gerollte Karten- und Planmaterialien sachgerecht aufbewahrt werden. Dem Brandschutz wurde in Form von vorbeugenden Maßnahmen nachgekommen. Bei beiden Türen des Magazins handelt es sich um Brandschutztüren (T 90 RS), außerdem sind zwei Handfeuerlöscher bereitgestellt. Der Neubau ist an das vorhandene Brandmeldesystem des Kreishauses angeschlossen. Der gesamte Erweiterungsbau ist mit einem elektronischen Schließsystem ausgestattet, sodass Zugangsberechtigungen für die unterschiedlichen Zonen einzeln festgelegt werden können.

Fazit
Die Bereitstellung von 1,1 Millionen Euro war für die Errichtung des Neubaus erforderlich, davon wurden 90 Prozent durch das Kommunalinvestionsförderungsgesetz gedeckt. Die Kosten für die Ausstattung des Magazins beliefen sich auf rund 70.000 Euro, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe gewährte hier eine Zuwendung in Höhe von 30 Prozent. Das LWL-Archivamt unterstützte die Planung des Archivneubaus zudem mit fachlicher Beratung.
Mit der Fertigstellung des Archivneubaus haben Platzengpässe und suboptimale Lagerbedingungen für Archivalien des Kreises Höxter ein Ende. Um es mit den Worten von Ralf-Oliver Kreie, der das Bauprojekt als Kreisarchivar begleitete, zu sagen: Mit der Errichtung des Archivneubaus hat der Kreis Höxter einen entscheidenden Schritt getan, seine archivgesetzlichen Pflichtaufgaben – und hier insbesondere die der Übernahme archivwürdiger Unterlagen, deren Bereitstellung für die Nutzung und ihre sachgemäße Verwahrung – adäquat zu erfüllen.


Katrin Helm
Quelle: Kreis Höxter