Aktive Zusammenarbeit für eine chancengerechte Bildung

14. November 2022: Von Astrid Scherschenewitz, stellvertretende Leitung, Kommunales Integrationszentrum, Kreis Kleve

Um eine chancengerechte Bildung für alle Kinder im Kreis Kleve zu ermöglichen, unterstützen alle verfügbaren Integrationsakteure gemeinsam die Arbeit der Bildungseinrichtungen. In einem ländlich geprägten Flächenkreis ist eine gute Vernetzung, die Raum für Austausch und Zusammenarbeit schafft, bedeutsam. Dies gelingt über ein verlässliches sowie transparentes Netzwerk kommunenübergreifender Integrationsakteure mit den Handelnden vor Ort. Hierbei müssen die unterschiedlichen Ebenen, auf denen Vernetzung stattfindet, berücksichtigt werden, da sich die Aufgaben, Funktionen und Möglichkeiten der Netzwerke unterscheiden.

Raum für Begegnung schaffen – ein Fachtag führt zusammen

Mit dem „Integrationsgipfel“ schafft das KI Kreis Kleve Orte für Begegnung und Austausch.
Quelle: Kreis Kleve - Klaus-Dieter Stade

Das Kommunale Integrationszentrum Kreis Kleve plant jährlich einen „Integrationsgipfel“ mit wechselnden Schwerpunkten. In diesem Jahr wurde das Ziel definiert, Bildungseinrichtungen im Kreis Kleve in ihrer Arbeit zu unterstützen und gleichzeitig die Integrationsakteure vor Ort bekannter zu machen. Es sollte ein Tag der Begegnung entstehen, an dem deutlich wird, wie vielfältig die Integrationsangebote im Kreis Kleve sind.

Der Fachtag „Integration durch Bildung – Möglichkeiten für Chancengerechtigkeit“ wurde für Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte aller Schulformen, Schulsozialarbeit, Jugendhilfe, Integrationsbeauftragte und andere interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kommunen veranstaltet. Die Integrationsakteure vor Ort präsentierten ihre Arbeit und Angebote in einer Ausstellung. An 29 Ständen stellten 51 Ausstellerinnen und Aussteller ihre Arbeit vor, knüpften Kontakte und gingen mit den Gästen in regen Austausch. Von 9 bis 16 Uhr war der „Markt der Möglichkeiten“ geöffnet und machte deutlich, wie viel engagierte Arbeit durch die Integrationsakteure im Bereich Bildung geleistet wird. Von Beginn an wurde das Angebot zum Netzwerken genutzt: In lockerer Atmosphäre fanden zahlreiche Gespräche statt und Informationsmaterial wurde gesammelt. 

Beim „Markt der Möglichkeiten“ konnten Interessierte die Chancen vor Ort kennen lernen.
Quelle: Kreis Kleve - Klaus-Dieter Stade

Fachvorträge und Workshopangebote lieferten an diesem Tag fachliche Informationen und praktische Anregungen, um Chancengerechtigkeit im Bildungssystem zu erreichen. Die angebotenen Themenbereiche waren vielfältig und hielten für jeden Teilnehmenden ein passendes Angebot bereit. Die Vorträge thematisierten sprachsensible Heterogenität, die Möglichkeiten der aktiven Elternzusammenarbeit und die Roma-Zuwanderung aus Südosteuropa.

In den Workshops arbeiteten die Teilnehmenden praxisrelevant an Themen aus den Bereichen Mehrsprachigkeit, diversitätsreflektierter Praxis, Sprachförderung für alle Kinder sowie verständlicher Sprache als Grundlage gelingender Integration.

Arbeitskreis für Lehrkräfte – Gemeinsam Herausforderungen meistern
Neben dem Aufbau eines weitmaschigen Netzwerkes muss auch eine Intensivierung der Zusammenarbeit der pädagogischen Fachkräfte gestärkt werden. Ein enger Kontakt zu den Lehrkräften für Deutsch als Zweitsprache (DAZ) ermöglicht es, schnell auf Bedarfe zu reagieren und eine Unterstützung zu bieten. Der Arbeitskreis der DaZ-Fachkräfte umfasst mittlerweile 91 Teilnehmende aus 62 verschiedenen Schulen oder Bildungseinrichtungen, die sich regelmäßig austauschen, unterstützen und gemeinsam Konzepte erstellen. In Zusammenarbeit mit der Unteren Schulaufsicht werden aktuelle Themen und Neuerungen aufbereitet und anschaulich präsentiert. Der Arbeitskreis bietet für die Mitglieder einen Mehrwert, da Materialien zur Arbeitsentlastung erstellt und gemeinsam überarbeitet oder ergänzt werden. Die Beschulung innerhalb der Erstförderung stellt eine große organisatorische Herausforderung dar. Von der Aufnahmeorganisation zur Erstorientierung, vom Lernstandsbericht zur Eingliederung in den Bildungsgang, vom Übergang in die Regelklasse zum Übergang in die weiterführende Schule oder in den Beruf sind eine Vielzahl von Handlungsschritten notwendig. Eine Checkliste mit allen Schritten und Verweisen zu den gesetzlichen Bestimmungen konnte hier für Planungssicherheit sorgen. Daraus entwickelten sich schnell weitere Materialien, wie Aufnahmegesprächsbögen, Lerndokumentationen oder Förderpläne. Alle Teilnehmenden können diese Materialien für ihre Schulen nutzen und an die Gegebenheiten vor Ort anpassen.

Seit der Coronapandemie findet der Arbeitskreis online statt und dies hat durchaus Vorteile. So wird die Teilnahme am Arbeitskreis im ländlichen Raum unkompliziert und erhöht die Bereitschaft, sich an Arbeitsgruppen zur Erstellung oder Erweiterung von Materialien zu beteiligen. Wenn im Anschluss ein Treffen in Präsenz stattfindet, ist die Resonanz größer, da man sich aus den Online-Veranstaltungen bereits kennt und ein persönliches Treffen eine ganz andere Wertigkeit erhält.

Die Lehrkräfte wurden in den letzten Jahren immer wieder mit herausfordernden Situationen konfrontiert, in denen der Austausch und die gegenseitige Unterstützung innerhalb des Arbeitskreises besonders bedeutsam wurde. Die in einem digitalen Dokumentenablagesystem kommentierte Materialsammlung ermöglichte allen Zugriff und sparte Zeit, die für eine eigenständige Recherche hätte investiert werden müssen. Online-Workshops boten fachliche Unterstützung, aktuelle Informationen und Hinweise zu Angeboten von anderen Integrationsakteuren im Kreisgebiet konnten vermittelt werden. Durch den Austausch untereinander entsteht das beruhigende Gefühl, mit den Herausforderungen und Belastungen nicht alleine zu sein. Diese Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen, die die gleichen Erfahrungen machen und auf ähnliche Probleme stoßen, ist ein großer Gewinn.

Case Management als Brückenbauer – Verständnis als Chance einer aktiven Zusammenarbeit zwischen Eltern und Bildungseinrichtungen
Das Kommunale Integrationsmanagement des Kreises Kleve bietet im Rahmen des Case Managements eine rechtskreisübergreifende Einzelberatung für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte an. Ein Fokus liegt dabei auf der Unterstützung von Familien mit minderjährigen Kindern, deren Lebenssituation ganzheitlich betrachtet wird, und Lösungen für bestehende Herausforderungen im Integrationsprozess werden gemeinsam bearbeitet. Häufig sind beispielsweise die Eltern mit dem deutschen Bildungssystem nicht ausreichend vertraut, da das Schulsystem in den Herkunftsländern vollkommen anders aufgebaut ist.

Ingrid Weis, Lehrbeauftragte der Universität Duisburg-Essen stellt auf dem „Integrationsgipfel“ wirksame Prinzipien der Sprachförderung vor.
Quelle: Kreis Kleve - Klaus-Dieter Stade

Damit Erziehungsberechtigte einen positiven Einfluss auf den Bildungserfolg ihrer Kinder nehmen können, müssen oftmals Sprachbarrieren abgebaut und Familien in diversen Anliegen unterstützt werden. Dabei werden den Eltern und ihren Kindern die Zugänge, Strukturen und Anforderungen individuell erläutert und Handlungsschritte gemeinsam geplant, besprochen und umgesetzt. Diese enge Unterstützung soll die Ratsuchenden schrittweise dazu befähigen, eigenständig und eigenverantwortlich handeln zu können.

In der Zusammenarbeit mit den schulischen und vorschulischen Einrichtungen stellt das Case Management die Funktion des „Brückenbauers“ dar. Durch das Vertrauensverhältnis und das Wissen über Hintergründe der Familie können Anliegen durch das Case Management kommuniziert und Fehlinformationen aufgedeckt bzw. vermieden werden. Zudem erlangen Lehrkräfte, Schulsozialarbeit und pädagogische Fachkräfte wichtige und hilfreiche Informationen, die sie in einem zeitlich begrenzten Gespräch mit den Eltern aus Verständnis- bzw. Verständigungsgründen nicht unmittelbar erhalten würden. Auf diese Weise kann auf besondere Bedarfe und Anliegen eingegangen und somit individuelle Voraussetzungen für Zugang und Teilhabe verbessert werden.

Neben der Stärkung der Familien und dem erleichterten Zugang zu den Bildungsangeboten wirkt sich das Case Management auf die pädagogische Arbeit in den Einrichtungen aus. Wenn die Fachkräfte die Kinder und deren Eltern verstehen und mehr Kenntnisse über die individuelle Lebenssituation haben, können sowohl Lern- und Entwicklungsprozesse passgenauer gestaltet als auch die Kompetenzen der Kinder gezielt gestärkt sowie gefördert werden. Somit können neue Wege in der Zusammenarbeit gestaltet und Eltern wertschätzend einbezogen werden.

Möglichkeiten für eine chancengerechte Bildung zu schaffen, kann nur durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten gelingen, die Vernetzung, der Austausch und die Arbeit für das gemeinsame Ziel stehen dabei im Vordergrund. 

Astrid Scherschenwitz
Quelle: Kreis Kleve