Erfolgsmodell: Wie die Kreisverwaltung Recklinghausen Frauen in Führung unterstützt

20. März 2025: Von Frauke Lindberg, Gleichstellungsbeauftragte, Kreis Recklinghausen

Die Mehrheit der weiblichen Beschäftigten leistet zu Hause die Care-Arbeit, ist also für die Beaufsichtigung der Kinder zuständig oder nimmt sich am Arbeitsplatz zurück, um Angehörige zu unterstützen oder zu pflegen. Somit stellt sich oftmals schon vor oder zu Beginn einer beruflichen Laufbahn die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Häufig kommt dann der Gedanke auf, dass sich diese Lebenssituation nicht mit einer Ausbildung oder Führungsposition vereinbaren lässt. Wie es funktionieren kann, zeigen drei Beispiele weiblicher Führungskräfte bei der Kreisverwaltung Recklinghausen.

Die Kreisverwaltung Recklinghausen bietet verschiedene „Werkzeuge“ an, um sich überhaupt erstmal die Frage zu beantworten: „Ist Führung etwas für mich, sowohl in meiner derzeitigen Lebenssituation als auch zukünftig?“ Hier sind nicht nur die rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben zu berücksichtigen wie das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das Familienpflegezeitgesetz sowie der Gleichstellungsplan mit seinen formulierten Zielen.
Vielmehr bietet die Kreisverwaltung Möglichkeiten wie Ausbildung und Führung in Teilzeit, geteilte Führung, Nutzung von Home-Office, flexible Arbeitszeiten sowie Telearbeitsplätze an. All diese Modelle bieten die Möglichkeit, den Arbeitsalltag mit der privaten Lebenssituation abzustimmen und zu vereinbaren.
Um einen Einblick in die Arbeit als Führungskraft zu bekommen, werden verschiedene Formate, wie z. B. das Seminar „Lust auf Führung“ oder das „Cross-Mentoring“ angeboten. Hier bekommen Interessierte Aufschluss darüber, wie sich z. B. der Arbeitsalltag einer Führungskraft darstellen kann.

Melanie Niedrich: Von der Sachbearbeiterin zur Ressortleiterin


Ressortleiterin Melanie Niedrich.

Da wäre zum Beispiel die Kollegin Melanie Niedrich. Sie ist seit vielen Jahren im FD Schwerbehindertenangelegenheiten mit vollem Stundenumfang eingesetzt und hat sich hier ausführlich mit der Widerspruchs- bzw. Klagesachbearbeitung auseinandergesetzt. Im Laufe ihrer Tätigkeit hat sie sich stetig weitergebildet, zahlreiche Seminare besucht und sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob sie Führungsaufgaben wahrnehmen möchte und auch mit ihrer privaten Situation vereinbaren kann. So wurde sie zunächst Hauptsachbearbeiterin, danach Teamleitung und hat nunmehr seit September 2024 die Position der Ressortleitung für den Bereich der Schwerbehindertenangelegenheiten inne.

Weibliche Führungskräfte brechen mit Klischees
Frauen in Führungspositionen verstehen sich oftmals als Motivatorinnen und sind bestrebt, ihre Rolle mit fachlicher und sachlicher Führung zu untermauern. Dies wirkt sich positiv auf die Mitarbeitermotivation und das Arbeitsklima aus. In der öffentlichen Wahrnehmung wird weibliche Führung zumeist mit Emotionalität, Nachgiebigkeit und Empathie in Verbindung gebracht - schnell bedient man hier verschiedener Stereotype.

Eine andere Betrachtungsweise zeigt, dass Frauen tendenziell oftmals besser in der Lage sind, sich in die Bedürfnisse von Mitarbeitern einzufühlen. Zu diesem Schluss kommt auch eine Erhebung des Magazins Harvard Business Manager. Studien der University of California und des Peterson Institute for International Economics ergaben, dass Frauen als Führungskraft ihr Team nachhaltiger motivieren und Konflikte zwischen Mitarbeitern angemessen moderieren oder gar lösen. Frauen seien ebenfalls in der Lage, Konfliktsituationen zu begegnen, sich diesen zu stellen, durchzusetzen und ihre Forderungen klar zu formulieren. Grundsätzlich sind Frauen also ebenso gut geeignet, diese Aufgaben wahrzunehmen, auch oder gerade, weil sie eine andere Herangehensweise haben.

Laura Giza: Erfolgreiches Teilzeitmodell


Teamleitung Fachdienst Schwerbehindertenangelegenheiten.

Im Bereich der Personalverantwortung stellen sich Frauen oftmals die Frage, ob sie sich überhaupt wohl in einer Führungsposition fühlen würden. Damit hat sich auch Laura Giza auseinandergesetzt. Sie ist mit 30 Wochenstunden Teilzeit beschäftigt und hat zunächst die Hauptsachbearbeitung im Bereich der Elterngeldangelegenheiten übernommen. Während dieser Tätigkeit hat sie sich mit der Möglichkeit, eine Führungsposition zu übernehmen, auseinandergesetzt.

Grundsätzlich lag ihr Fokus nämlich erstmal im privaten Bereich, da Laura Giza Mutter eines Sohnes ist. „Ich habe mich gefragt, ob ich beides miteinander vereinbaren kann.“ Dann kam der Zufall dazu: Vertretungsbeding bekam sie Einsicht in die Aufgaben einer Führungskraft. Im Anschluss besuchte sie das Seminar „Lust auf Führung“ und holte sich Rückendeckung aus dem familiären Umfeld, sodass sie die Frage nach Personalverantwortung und Führungsaufgaben mit einem klaren „Ja“ beantworten konnte. Mittlerweile leitet sie in ihrem Bereich ein Team: „Ich bin mit dieser Aufgabe gewachsen und sicherer denn je, dass meine Entscheidung für Führung auf jeden Fall die richtige war“.

Bettina Wiemers: Erfolgskonzept geteilte Führung


Leiterin Fachdienst Recht.

Ein weiteres Werkzeug, um Führungsaufgaben und Familie zu vereinbaren, ist das Modell der geteilten Führung. Bettina Wiemers, Fachdienstleiterin Recht, hat dieses Modell in Anspruch genommen und sich die Stelle der Fachdienstleitung mit einer Kollegin geteilt. Nach der Verwaltungsausbildung und anschließendem Jurastudium hatte sie zunächst die Stelle einer juristischen Sachbearbeitung besetzt. Während des Studiums profitierte sie von den Angeboten der Teilzeitbeschäftigung bzw. Beurlaubung und war nach Beendigung des Studiums zunächst Vollzeit beschäftigt. Nach der Geburt ihrer Kinder nahm sie jeweils zunächst Elternzeit in Anspruch, um dann in Teilzeit wieder einzusteigen.

Als die Stelle der Fachdienstleistung vakant wurde, setzten Bettina Wiemers und eine weitere Kollegin sich mit dem Thema geteilte Führung auseinander. „Wir erarbeiteten ein umfassendes Konzept, mit dem alle Arbeits- und Stundenbereiche abgedeckt waren. Bei der Planung und Präsentation erfuhren wir jederzeit die volle Unterstützung unserer Fachbereichsleiterin und wurden von der damaligen Gleichstellungsbeauftragten umfassend beraten“, erklärt Wiemers. 

Letztendlich haben die Kolleginnen mit diesem Modell den Fachdienst Recht über mehrere Jahre gemeinsam erfolgreich geleitet. „Im Vordergrund standen hier immer die gegenseitige Wertschätzung, gute Absprachen und Planung und dass wir uns aufeinander verlassen können.“ Als eingespieltes Team konnten die Kolleginnen sogar die Fachbereichsleiterin vertreten, als diese selber in Elternzeit ging.

Flexible Arbeitgeber fördern Vereinbarkeit von Familie und Karriere
Auch im Jahr 2024 haben mehrere Kolleginnen sowohl das duale Studium zum Bachelor of Law als auch die Verwaltungsausbildung in Teilzeit begonnen. Im Rahmen des Teilzeit-Studienganges wurde z. B. die wöchentliche Arbeitszeit auf 30 Stunden reduziert, die Regelstudienzeit verlängert sich entsprechend um ein Jahr.

Diese drei Beispiele stehen stellvertretend für viele Kolleginnen, die dies tagtäglich in den verschiedensten Bereichen der Kreisverwaltung Recklinghausen unter Beweis stellen:  Beruf und Familie sind mit einem flexiblen Arbeitgeber unter Inanspruchnahme verschiedener Instrumente, guter Planung und persönlicher Einstellung auch für weibliche Führungskräfte in der Kreisverwaltung gut miteinander zu vereinen.

Frauke Lindberg
Quelle: Kreis Recklinghausen