Interkommunales Radroutenkonzept im Kreis Kleve
Als ländlich geprägter Flächenkreis mit 16 Kommunen steht der Kreis Kleve vor der Herausforderung, Radverbindungen nicht nur innerhalb, sondern insbesondere zwischen den Städten und Gemeinden zu verbessern. Mit dem interkommunalen Radroutenkonzept wurde ein Planungsinstrument entwickelt, das gezielt auf die Stärkung des Alltagsradverkehrs im kreisangehörigen Raum ausgerichtet ist. Ziel ist die Schaffung eines hochwertigen, interkommunalen Radnetzes im Kreis Kleve, das Berufspendlerinnen und -pendlern, Schülern und Alltagsnutzenden eine sichere, komfortable und schnelle Mobilität ermöglicht. Als integraler Bestandteil des 2024 veröffentlichten Nahmobilitätskonzepts des Kreises Kleve stärkt das interkommunale Radroutenkonzept die strategische Ausrichtung auf eine vernetzte, sichere und klimafreundliche Mobilität im gesamten Kreisgebiet.
Grundlage und Methodik
Die Entwicklung des Konzepts erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der BVS Verkehrs- und Stadtplanung Rödel und Pachan. Datengrundlage bilden eine repräsentative Haushaltsbefragung im Kreisgebiet sowie mehrere Beteiligungsformate für Bürgerinnen und Bürger, die schon im Rahmen der Erarbeitung des Nahmobilitätskonzeptes stattfanden. Die Ergebnisse zeigen, dass schon jetzt im Kreis Kleve der Radverkehr eine bedeutende Rolle für den Alltagsverkehr spielt.
Der Prozess zur Erstellung des Radroutenkonzepts wurde eng durch die Kommunen im Kreis Kleve begleitet. Die methodische Vorgehensweise beinhaltete zunächst eine Erfassung aller potenziellen Radrouten auf Grundlage des bestehenden Landesnetzes und lokaler Verbindungen. Anschließend wurden diese Routen mehrfach befahren, (fotografisch) dokumentiert und bewertet.
Ergebnis dieser umfassenden Analyse ist ein Netz aus 27 Routen, davon elf mit hohem Potenzial, elf als Ergänzungsrouten und fünf als lokale Zusatzverbindungen. Jede dieser Routen überschreitet mindestens eine kommunale Grenze – teils auch Kreis- oder Landesgrenzen – und trägt somit maßgeblich zur interkommunalen Verbindung im Alltag bei. Mit den Routen werden Lücken geschlossen und neue Verbindungen geschaffen.

Die Daten aus der repräsentativen Mobilitätsbefragung aus 2022 bilden eine wesentliche Grundlage für die Festlegung der ausgewählten Routen.
Quelle: Eigene Darstellung / Ingenieurbüro Helmert
Nutzung bestehender Infrastruktur mit klarer Priorität
Ein zentrales Merkmal des mit dem Fachplanungsbüro entwickelten Ansatzes ist die pragmatische Nutzung vorhandener Infrastruktur. Statt auf aufwändige und flächenintensive Neubauten zu setzen, konzentriert sich das Konzept auf vorhandene Wirtschaftswege, ruhige Nebenstraßen und bestehende Radwege. Diese sollen, wo erforderlich, durch gezielte Maßnahmen ertüchtigt werden. Auch Trassen, die heute noch nicht als ideal gelten, werden dort akzeptiert, wo sie eine alltagstaugliche Lösung darstellen.
Das Ziel: schnelle, kostengünstige und realistische Verbesserungen zwischen Gemeinden und Städten statt langjähriger Großprojekte. Gleichzeitig wird Wert auf einen Mindeststandard an Komfort und Sicherheit gelegt – beispielsweise durch das Entfernen von Umlaufsperren, die Sanierung schadhafter Beläge oder die Nachrüstung von Querungshilfen.
Sicherheit und Qualität im Fokus
Die häufigsten Mängel auf den untersuchten Routen waren unzureichende Beläge (z. B. Wurzelaufbrüche), problematische Sichtbeziehungen an Knotenpunkten, enge Kurvenradien oder Querungen an Hauptstraßen. An vielen Stellen wurden auch überflüssige Umlaufsperren oder Poller festgestellt, die den Radverkehr behindern oder gar gefährden – insbesondere für Lastenräder oder Anhänger. Hier setzt das Konzept gezielt an und definiert konkrete Maßnahmen, die meist mit geringem finanziellen Aufwand kurzfristig umsetzbar sind. Der Fokus liegt hier vor allem auch beim außerörtlichen Bereich, da die interkommunalen Verbindungen häufig nicht im Fokus liegen, diese Verbindungen aber in einem ländlichen Kreis wie Kleve von höchster Bedeutung für den Alltagsverkehr sind.

Ein typisches Beispiel für eine Umlaufsperre, die den Radverkehr behindert oder sogar gefährdet. Ein Durchkommen mit einem Lastenrad oder Kinderanhänger ist kaum möglich. Mittlerweile ist die Umlaufsperre aufgrund der Empfehlung des Radroutenkonzepts entfernt worden.
Quelle: BVS Verkehrs- und Stadtplanung Rödel und Pachan
Kooperation über Verwaltungsgrenzen hinweg
Ein besonderer Mehrwert des Konzepts liegt in der interkommunalen Ausrichtung. Die Einbindung der Städte und Gemeinden war von Beginn an fester Bestandteil der Planung. In regelmäßigen Abständen wurden diese über den Stand der Arbeiten informiert und aktiv beteiligt. Diese kontinuierliche Abstimmung stellte sicher, dass die lokalen Erfahrungen und Bedarfe in das Radroutennetz einfließen konnten – sei es durch Rückmeldungen zu problematischen Querungen, Hinweise auf lokale Initiativen, Bereitstellung von kommunalen Planungsgrundlagen oder Vorschläge zur Routenführung.
Viele Routen verbinden nicht nur Kommunen innerhalb des Kreises, sondern reichen bis in Nachbarkreise oder in die benachbarten Niederlande. Auch die Integration in übergeordnete Systeme – wie das Vorrangroutennetz NRW oder das Knotenpunktsystem – wurde mitgedacht.
Die Maßnahmenliste des Konzepts wird derzeit mit den jeweils zuständigen Straßenbaulastträgern und Straßenverkehrsbehörden abgestimmt. Auf dieser Basis soll der Radverkehr im Kreis Kleve schrittweise, aber kontinuierlich verbessert werden.

Eindruck der niederländischen Radinfrastruktur in Nimwegen. Der Kreis Kleve teilt sich eine 137 Kilometer lange Grenze mit den Niederlanden. Bei der Entwicklung des Radroutenkonzepts wurden auch Planungsansätze und Gestaltungsprinzipien aus dem Nachbarland berücksichtigt.
Quelle: BVS Verkehrs- und Stadtplanung Rödel und Pachan
Ein Werkzeugkasten für den Radverkehr der Zukunft im ländlichen Raum
Mit dem Radroutenkonzept hat der Kreis Kleve ein tragfähiges, auf andere ländlich strukturierte Räume übertragbares Modell geschaffen. Es zeigt, wie durch eine realitätsnahe, interkommunal gedachte Planung die Radinfrastruktur auch im Flächenkreis wirksam und nutzernah verbessert werden kann. Der Ansatz ist weder visionär noch theoretisch – sondern praktisch, robust und anschlussfähig an aktuelle Förderprogramme und Landesinitiativen.
Das Konzept bildet die Grundlage für konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Nahmobilität – und somit einen wichtigen Schritt hin zu einer alltagstauglichen, nachhaltigen Verkehrs- und Mobilitätswende im ländlichen Raum.
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Philipp Conrad |
