Kommunale Zentren für digitale Bildung - Aktuelle Handlungsfelder der Medienzentren

09. August 2022: von Stefan Drewes, Leiter des Zentrums für Medien und Bildung, Landschaftsverband Rheinland, und Prof. Dr. Markus Köster, Leiter des Medienzentrums für Westfalen, Landschaftsverband Westfalen-Lippe

In den aktuellen Digitalisierungsprozessen im Bildungsbereich nehmen Kreis- und Stadt-Medienzentren wichtige Unterstützungsfunktionen für Schulen und außerschulische Bildungseinrichtungen vor Ort wahr. Mit ihren Angeboten sind Medienzentren prädestiniert, in einer regionalen Bildungslandschaft die Funktion kommunaler Zentren für digitale Bildung an der Schnittstelle von Verwaltung, Technik und Pädagogik zu übernehmen und so maßgeblich zur Gestaltung einer zukunftsorientierten kommunalen Bildungslandschaft beizutragen.

Die Vielfalt kommunaler Unterstützungsstrukturen in NRW
Anders als etwa in Baden-Württemberg regelt in Nordrhein-Westfalen bis heute kein Gesetz die Zuständigkeit und Struktur der Kommunalen Medienzentren. Ihre Ausgestaltung fällt vielmehr rechtlich in den Bereich der freiwilligen kommunalen Aufgaben, die die Städte bzw. in den Kreisen diese für ihre kreisangehörigen Gemeinden übernehmen. Gesetzlich geregelt ist nach § 79 Schulgesetz NRW lediglich die Verpflichtung der Schulträger, die „für einen ordnungsgemäßen Unterricht erforderlichen (…) Lehrmittel bereitzustellen“ und „eine am allgemeinen Stand der Technik und Informationstechnologie orientierte Sachausstattung zur Verfügung zu stellen“.


Die Arbeit mit Tablets ist inzwischen in vielen Schulen Alltag.
Quelle: Patrick Schulte, LWL-Medienzentrum für Westfalen

Des Weiteren sind den nordrhein-westfälischen Kommunen gesetzlich bestimmte vor- und außerschulische Zuständigkeiten zugewiesen, aus denen sich mittelbar Aufgaben im Bereich der Medienbildung und -ausstattung ergeben. So sind sie nach dem Gesetz zur qualitativen Weiterentwicklung der frühen Bildung (KiBiz) als Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, die Träger von Kindertageseinrichtungen fachlich zu beraten, „auch durch Fort- und Weiterbildungen zu übergreifenden pädagogischen und organisatorischen Fragestellungen“.
Zudem fungieren fast alle Medienzentren als Orte gemeinsamen Lernens und Erprobens der pädagogischen Möglichkeiten innovativer Technologien.
Wie und in welchen Strukturen die nordrhein-westfälischen Kommunen diese Aufgaben ausfüllen, bleibt aber ganz der Hoheit ihrer Selbstverwaltung überlassen. Diese Regelungsfreiheit begünstigte und begünstigt eine große Vielfalt an Zuständigkeiten, Organisationsformen sowie Sach- und Personalausstattung der kommunalen Unterstützungseinrichtungen, die sich in unterschiedlichen Bezeichnungen spiegelt: „Medienzentrum“, „Schulmedienzentrum“, „Medienkompetenzzentrum“, „Zentrum für digitale Lernwelten“, „Medienservice für Schulen“ u.a.m. Strukturell lassen sich zurzeit im Wesentlichen drei Organisationsmodelle unterscheiden: Die meisten Kreis- und Stadtmedienzentren bilden eigene Organisationseinheiten innerhalb der kommunalen Verwaltungsstruktur, einige sind in eine Stadtbibliothek integriert und andere Teil der Regionalen Bildungsnetzwerke.

Medienzentren als Promotoren digitaler Bildung
Unabhängig von ihrer organisatorischen Anbindung lässt sich in den letzten Jahren durch die dynamische Digitalisierung auch des Bildungswesens ein Entwicklungsschub in den kommunalen Unterstützungseinrichtungen beobachten. Nicht zuletzt aufgrund der Schulschließungen in der Zeit der Corona-Pandemie haben die kommunalen Schulträger ihre Anstrengungen verstärkt, einen pädagogisch und technisch sinnvollen Ausbaustandard in ihren Schulen umzusetzen und somit auch kommunalpolitische Akzente zu setzen. Die diversen Förderprogramme von Land und Bund begünstigten gleichfalls die Weiterentwicklung der Medienzentren als Teil der kommunalen Verwaltungsstrukturen.
Obwohl die Arbeitsweisen und die Ressourcen der Medienzentren vor Ort durchaus sehr unterschiedlich sind, lassen sich als Kernaufgaben die Versorgung mit digitalen Bildungsmedien, die Beratung und Unterstützung zu technischer Ausstattung, innovativer Lern-IT und Medientechnik, sowie die medienpädagogische Qualifizierung im schulischen wie vor- und außerschulischen Bereich benennen:

Digitale Medien online – Die Bildungsmediathek NRW
Seit vielen Jahrzehnten stellen die Kreis- und Stadtmedienzentren vornehmlich audiovisuelle Unterrichtsmedien für ihre Schulen bereit. Seit 2021 geschieht dies über die Online-Plattform Bildungsmediathek NRW. Diese komplexe und innovative Infrastruktur für digitale Medien wird von der Medienberatung NRW als vertragliche Zusammenarbeit des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes NRW, der Landschaftsverbände Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) getragen – in enger Kooperation mit den Kommunalen Medienzentren.
Die Bildungsmediathek NRW bündelt die bewährten Plattformen „EDMOND NRW“ und „learn:line NRW“. In ihr sind sowohl frei verfügbare Medien, die unter offenen Lizenzen veröffentlicht werden, als auch lizenzpflichtige Medien zu finden. Alle Materialien sind für die Schulen kostenfrei nutzbar.
Die Kommunalen Medienzentren nutzen die Bildungsmediathek NRW als Bereitstellungsplattform für die von ihnen erworbenen digitalen Bildungsmedien. Als Lizenznehmer verantworten sie die Lizenzverwaltung und tragen zudem dafür Sorge, dass nur berechtigte Nutzerinnen und Nutzer einen Zugang zur Bildungsmediathek erhalten. Außerdem unterstützen sie Schulen bei der Integration der Bildungsmediathek NRW in deren digitale Infrastruktur und beraten Lehrkräfte. Einige Medienzentren haben den Nutzerkreis der Bildungsmediathek bereits um vor- und außerschulische Einrichtungen erweitert.  

MediaLabs - Beratung zu technischer Ausstattung und digitalen Lernangeboten
Um zu vermitteln, wie pädagogisch sinnvoller Unterricht in einer neuartigen digitalen Lernumgebung gelingen kann und welche Hard- und Software zur Unterstützung von Lernprozessen sich für welchen fachlichen Einsatz eignet, bieten Medienzentren praxisnahe technische Beratung an. Solche Erprobungsräume bieten Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften die Möglichkeit, technische Ausstattungen für Schulen und digitale Lernangebote für die Umsetzung im Unterricht zu testen und sich entsprechend beraten zu lassen.
 

Auch VR-Brillen können pädagogische Fachkräfte in den Medienzentren erproben.
Foto: Hannah Heimbuchner, LVR-Zentrum für Medien und Bildung


Die Ausstattung dieser Erprobungsräume reicht von Technik zur Audio- und Film-Produktion über 3D-Drucker bis zu VR-Brillen oder Coding-Sets. So bieten Medienzentren mit ihren Medienlaboren Schulen die Möglichkeit, digitale Medien und Werkzeuge zu erproben, bevor sie über ihre Medienkonzepte digitale Ausstattungsbedarfe bei den Schulträgern anmelden.
Schon bevor das nordrhein-westfälische Schulministerium Anfang 2020 eine Fördermaßnahme zur Ausstattung von Räumen mit digitaler Lerntechnik in den kommunalen Medienzentren startete, existierten auf kommunale Initiative hin in einigen Medienzentren „MediaLabs“ oder „LearnLabs“. Die Fördermaßnahme des Landes trug maßgeblich zum weiteren Auf- und Ausbau solcher digitalen Versuchslabore in den Kommunen bei.

Medienkompetenz für alle - Qualifizierung und Beratung

Tablets können auch zur Filmbildung und Produktion kleiner Filme genutzt werden.
Quelle: Tuula Kainulainen, LWL-Medienzentrum für Westfalen
 
Die Förderung von Medienkompetenz in allen Altersklassen ist eine weitere Kernaufgabe der Kommunalen Medienzentren. Dazu gehört zentral die Vermittlung eines reflektierten und sicheren Umgangs mit Gefahren im Netz. Medienzentren unterstützen in diesem Prozess durch medienpädagogische Qualifizierungen für pädagogische Fachkräfte. Dazu kooperieren sie in landesweiten Präventionsprogrammen wie den Medienscouts und dem Internet-ABC mit der Landesanstalt für Medien NRW und den beiden Landesmedienzentren von LVR und LWL. Auch bei der Förderung der Medienkompetenz in Kindertageseinrichtungen und anderen Einrichtungen der Jugendhilfe sind viele Medienzentren im Schulterschluss mit Kooperationspartnern wie den Landesmedienzentren aktiv.

Zusammenarbeit von Kommunen und Land
Auch wenn die Kreis- und Stadt-Medienzentren kommunale Einrichtungen sind, liegen ihre Aufgaben in besonderer Weise an der Schnittstelle der Zuständigkeiten von Kommunen und Land. Deshalb bedarf es einer engen Zusammenarbeit zwischen staatlichen und kommunalen Beteiligten.
Ein wichtiges personelles Bindeglied zwischen kommunaler und staatlicher Verantwortung für Schulen stellen die vom Land beauftragten Medienberaterinnen und Mitarbeiter dar. Sie sind ausdrücklich auch mit der Unterstützung der Medienzentren betraut. Um einen verlässlichen Rahmen für die Zusammenarbeit der Medienberaterinnen und Medienberater und der kommunalen Mitarbeitenden des Medienzentrums zu schaffen, ist es sinnvoll, Kooperationsvereinbarungen zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten und den Bezirksregierungen zu schließen.

Aufgaben der Landesmedienzentren der Landschaftsverbände
Als Facheinrichtungen für Medienbildung und Medienbereitstellung beraten und unterstützen die beiden von den Landschaftsverbänden Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) getragenen Landesmedienzentren die Kommunalen Medienzentren bei der Profilbildung und Weiterentwicklung. In Publikationen, regelmäßigen Fachtagungen wie dem jährlichen NRW-Forum Kommunaler Medienzentren und Medienberaterinnen und Medienberater in NRW sowie themenspezifischen Workshops werden die kommunalen Akteure beraten und qualifiziert. Auch die aus Edmond NRW und learn:line NRW hervorgegangene Bildungsmediathek NRW wird über die Medienberatung NRW von den beiden Landschaftsverbänden gemeinsam mit dem Schulministerium getragen. Die beiden Landesmedienzentren übernehmen für sie zentrale Koordinierungsaufgaben.